zum Hauptinhalt

Kultur: Fontanes Spuren

Mit dem ersten von ihr verliehenen Ehrendoktor möchte die Philosophische Fakultät II der Humboldt Universität ein Zeichen setzen.Die in der Fakultät seit 1994 vereinten Sprach- und Literaturwissenschaftler haben den Titel am Donnerstag dem ostdeutschen Schriftsteller Günter de Bruyn verliehen.

Mit dem ersten von ihr verliehenen Ehrendoktor möchte die Philosophische Fakultät II der Humboldt Universität ein Zeichen setzen.Die in der Fakultät seit 1994 vereinten Sprach- und Literaturwissenschaftler haben den Titel am Donnerstag dem ostdeutschen Schriftsteller Günter de Bruyn verliehen.Nicht nur dessen Verdienste um die Literatur zeichneten die Festredner bei dieser Gelegenheit aus; sie sprachen ihn auch an als Vermittler zwischen forschender und schaffender Welt.

Vor allem bekannt durch seine autobiographischen Werke "Zwischenbilanz" und "Vierzig Jahre", hat de Bruyn selbst immer wieder über Literatur gearbeitet, das Instrumentarium der Germanistik geprüft und ihre Methoden sondiert, wie es der Literaturwissenschaftler Roland Barbig in seiner Laudatio umschrieb.So folgte der Biographie über Jean Paul (1975) ab 1981 gemeinsam mit Gerhard Wolf die Herausgabe des "Märkischen Dichtergartens".Innerhalb dieser Reihe editierte de Bruyn unter anderem die Bände über Rahel Varnhagen und Ludwig Tieck.

Besonders hervor hoben die Redner de Bruyns Beiträge zur Fontane-Forschung.Das lag nahe, denn schon in der Ringvorlesung der Humboldt Universität zum 100.Todestag von Fontane hatte de Bruyns Beitrag einen vielbeachteten Schlußpunkt gesetzt.Und auch Fontane erhielt wie de Bruyn den Ehrendoktor der Humboldt Universität.Wie Fontane stehe de Bruyn im Spannungsfeld zwischen Großstadt und Umland und, so hieß es in den Reden, beziehe eben daraus seine literarische Energie.

Der Geehrte selbst erkundete in seinem Festvortrag das inspirierende Moment einer lebenslangen Fontane-Lektüre - und verband auch hier autobiographische Erlebnisse und Überlegungen zur Forschung.Mit beruhigendem Gleichmaß habe ihn Fontane seit frühester Jugend begleitet.Während andere Autoren bestimmten Lebensabschnitten zuzuschlagen seien, er selbst Thomas Mann und Jean Paul zeitweilig als Lebenshilfe gelesen habe, eigne sich Fontane für das immer neue Lesen.Wohl ändere sich die Haltung bei der Lektüre, nie erzeuge sie aber Ablehnung oder Euphorie.

Allerdings, so räumte der 73jährige ein, müsse gewisse Voraussetzungen mitbringen, wer Fontane kunstverständig genießen wolle: geschichtliche Kenntnisse, Lebenserfahrung und einen klassischen literarischen Kanon.Erst im Alter also schöpfe der Leser den ganzen Fontane aus.Dennoch: Nicht nur der alte Fontane sei der gute Fontane.Nach Freiburg (1986) ist die Humboldt Universität die zweite akademische Anstalt, die de Bruyn mit einem Ehrendoktor in ihren Kreis aufnimmt.Die gelehrten Gratulanten konzedierten mit Respekt und vielleicht auch ein wenig Neid, daß ein Wissenschaftler wie de Bruyn immer seine Leser und Zuhörer findet.

KAREN FUCHS

Zur Startseite