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Herbert von Karajan und Helmut Schmidt.

© Cordula Groth

Fotoausstellung in der Philharmonie: Auf Klassenfahrt

Seit Jahrzehnten fotografiert Cordula Groth die Berliner Philharmoniker. Jetzt sind ihre Bilder erstmals im Foyer der Philharmonie zu sehen und gewährt Einblicke in den Konzertbetrieb eines Spitzenorchesters.

„Links war immer seine Schokoladenseite“, sagt Cordula Groth lächelnd und blickt auf das großformatige Foto von Claudio Abbado, das gerade an der Wand des Philharmonie-Foyers aufgehängt worden ist. Bilder seiner wichtigsten Kollegen hängen daneben: Leonard Bernstein, Zubin Mehta, Simon Rattle, Daniel Barenboim. Und natürlich Herbert von Karajan. Seit fast 25 Jahren begleitet die Fotografin die Berliner Philharmoniker mal mehr, mal weniger intensiv mit der Kamera. Mit ihrer Ausstellung „Klang im Sucher“ sind die Fotos nun zum ersten Mal im Stammhaus des Orchesters zu sehen.

Instrumentalisten und Dirigenten vertrauten der Fotografin

Der Weg hin zu den Berliner Philharmonikern fiel Cordula Groth verhältnismäßig leicht. Ihr Mann, der Trompeter Konradin Groth, war bis 1998 Solist bei dem Orchester. Irgendwann nahm er sie kurzerhand mit zur Probe und fragte Herbert von Karajan, ob seine Frau fotografieren dürfe. Sie durfte und hörte nicht mehr auf. Überhaupt gestaltete sich die Arbeit mit den Dirigenten unkompliziert. Die Musiker vertrauten der Fotografin, also taten die Männer auf dem Podest das auch. „Nicht einer hat abgelehnt. Man brachte mir große Offenheit entgegen, auch weil man wusste, dass ich nicht voyeuristisch vorgehen würde – mein eigener Mann saß ja mitten im Orchester.“

Und so war Cordula Groth überall dabei, saß inmitten des Weltklasse-Klangkörpers und kann ihr Glück auch heute noch kaum fassen. Ob bei Proben in Berlin, bei Konzerten in Russland und Italien oder bei Gesprächen zwischen Karajan und Helmut Schmidt – immer hat sie intensive und oft humorvolle Augenblicke festgehalten. Ein Bild zeigt Claudio Abbado mit Schnapsflasche in der Hand umringt von seinen Musikern, auf einem anderen dirigiert Yehudi Menuhin die Philharmoniker im Kopfstand mit den Füßen. Fast wie Erinnerungen an eine Klassenfahrt wirken die Bilder manchmal, zum Beispiel, wenn Nigel Kennedy mit Fellmütze auf Instrumentenkisten sitzt oder das Ehepaar Karajan in einer Gastwirtschaft vertraut miteinander tuschelt.

Musikalische Freude in Bilder umsetzen

Emmanuel Pahud.
Goldjunge. Solo-Flötist Emmanuel Pahud Anfang der 90er Jahre. Er war damals das jüngste Mitglied der Philharmoniker.

© Cordula Groth

Überhaupt sind die Bilder der Dirigenten wohl die eindrücklichsten unter den ausgestellten Werken. In ihnen erreicht Claudia Groth ihr selbstgestecktes Ziel, nämlich „das Umsetzen musikalischer Freude in Bilder“. Viel gelächelt wird auf den Fotos, natürlich bei ohnehin verschmitzten Persönlichkeiten wie Rattle oder Abbado, aber auch bei eher ernsthaften Charakteren wie Bernhard Haitink. Um solche Aufnahmen zu finden, musste Groth sich durch einen wahren Berg an Material wühlen. Unmengen an Bildern lagern bei ihr im Keller, gemeinsam mit einem Kollegen sichtete sie das Material und wählte aus. Leicht ist ihr das nicht gefallen. „Ich hätte natürlich gerne noch wesentlich mehr gezeigt. Vielleicht schleiche ich mich nach der ersten Ausstellungswoche heimlich rein und tausche einige der Bilder aus“, sagt die Künstlerin und lacht. Dazu kam noch die große Restaurierungsarbeit. Teilweise Jahrzehnte hatten die Fotos im Keller gelagert, also mussten Kratzer retuschiert und Unreinheiten ausgebessert werden.

Vom ernsten Karajan bis zum grinsenden Dudamel

Die Ergebnisse sind beeindruckend. Nach einer Ausstellung in der Galerie Mutter Fourage in Wannsee im letzten Jahr sprachen Besucher die Fotografin an und wollten von ihr wissen, warum die Bilder denn nicht in der Philharmonie gezeigt würden. Cordula Groth zögerte nicht und fragte nach. Zwei Wochen später gab Intendant Martin Hofmann grünes Licht für die Ausstellung. Ein schöner, tiefgründiger Einblick in ihre Zusammenarbeit mit den Philharmonikern ist es geworden, angefangen bei Bildern eines ernsten Karajans bis hin zu Aufnahmen mit einem grinsenden Gustavo Dudamel. Bilder, die man in den meisten Programmheften so nicht sehen würde und die humorvolle wie nachdenkliche Einblicke in den Konzertbetrieb eines Spitzenorchesters geben.

Die Ausstellung „Klang im Sucher“ ist von heute an bis zum 30. Oktober im Foyer der Philharmonie zu sehen. Informationen unter www.berliner-philharmoniker.de

Moritz Eckert

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