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Aus der „Ugly Babies“-Serie. Liu Xias Ehemann, der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo.

©  Liu Xia, courtesy of Guy Sorman

Fotografien von Liu Xia im Martin-Gropius-Bau: Liebe in Schwarz-Weiß

Puppen treiben im Wasser, sitzen vor einem Zigarettenberg, werden gekreuzigt - die Fotos von Liu Xias Fotos im Martin Gropius-Bau zeigen ein repressives China. Und immer wieder ihren Ehemann, den Friedensnobelpreisträger Xiu Liaobo.

Es sind Botschaften der Liebe. In der schwarz-weißen Bilderserie „Ugly Babies“ verschlüsselt die chinesische Fotografin Liu Xia ihre privaten Gefühle und Gedanken, um sie ihrem Ehemann Liu Xiaobo zu schicken. Der Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger war in den 90er Jahren in einem chinesischen Gefangenenlager inhaftiert. Die Fotos sind der Versuch, ein Stück Privatsphäre zu wahren, in einem Land, das von der Zensur beherrscht wird. Derzeit sind die Bilder im Martin-Gropius-Bau zu sehen, wohin sie nur durch die Hilfe von Freunden gelangen konnten.

Die Puppen in Liu Xias Bildern zeugen von einer großen Isolation. Das Gefühl des Eingesperrtseins, die Qual, das stille Leid und auch der Tod tauchen immer wieder auf. Da sind die Plastikbabys in Folie eingewickelt, dort sitzen zwei Puppen vor einem Zigarettenberg wie vor einem makabren Frühstück, kruzifixähnlich hängt eine ihrer Artgenossinnen über ihren Köpfen. Andere treiben im Wasser oder stecken in einem Einmachglas. Obwohl Liu Xia ihre Fotografien nicht politisch interpretiert sehen will, werden sie immer wieder als Kritik an der chinesischen Diktatur gedeutet. Über die Bedeutung der Bilder informiert in der Ausstellung lediglich ein kurzer dokumentarischer Filmbeitrag. Wer es genauer wissen will, muss das Begleitheft kaufen.

Liu Xiaobo war vor über 25 Jahren einer der Köpfe der Tienanmen-Bewegung

Der Schwerpunkt liegt auf der Geschichte des Paares. Liu Xias Ehemann Liu Xiaobo war vor über 25 Jahren einer der Köpfe der Tienanmen-Bewegung, die für Demokratie und Freiheit in China kämpfte und deren Aufstand 1989 von Polizei und Militär blutig niedergeschlagen wurde. Seitdem saß er immer wieder in Haft, zuletzt wurde er 2009 zu elf Jahren verurteilt, weil er mit der „Charta 08“, einer Petition, zur Meinungsfreiheit in China aufrief. Liu Xia wurde 2010 nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an ihren Mann unter Hausarrest gestellt, sogar der Gang zum Arzt war ihr verwehrt. Ihre Werke sind in China verboten, wurden jedoch schon in Prag und New York ausgestellt.

Die Ausstellung präsentiert neben den Fotografien auch Liu Xias Gedichte. Diese sind kaum weniger hoffnungslos. Zur Verurteilung Xiaobos schreibt sie: „Du willst, dass sie (Liu Xia, die Red.) Gedichte schreibt,/ deinetwegen und selbst über den eigenen Tod hinaus./ Aber in ihren Versen klingen keine Töne. Keine.“

Ebenfalls zu sehen: ein filmisches Interview mit Liu Xia, allerdings ohne deutsche Übersetzung. In einer zweiten Filminstallation wird über die aktuelle Situation in China berichtet. Nur wenige dort wissen von Liu Xiaobos Freiheitskampf oder der Verleihung des Friedensnobelpreises an ihn. Die, die Bescheid wissen – meist Studenten –, konnten die Internetzensur umgehen. Dennoch sind die Gespräche mit ihnen kurz, die Furcht vor Konsequenzen allgegenwärtig. Journalisten sei es verboten, überhaupt von Xiaobo zu sprechen. Die Wohnung von Liu Xia wird von Polizisten bewacht. Einigen Aktivisten gelingt es trotzdem, für ein kurzes Gespräch in ihr Haus zu gelangen und zu filmen. Liu Xias Lebensbedingungen sollen sich seit Anfang 2015 verbessert haben, hin und wieder kann sie Freunde empfangen. Ihren Mann darf sie aber nach wie vor nur einmal im Monat unter Aufsicht besuchen.

Martin-Gropius-Bau, bis 19. April, täglich außer Dienstag 10–19 Uhr.

Marie Stumpf

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