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Judith Holofernes auf der Buchmesse in Frankfurt.

© dpa

Frankfurter Buchmesse: Es geht uns gut

Indonesien, der Geruch von Kardamon und Tiergedichte von Judith Holofernes: ein Rundgang über die Frankfurter Buchmesse.

Es ist recht dunkel im Pavillon des diesjährigen Gastlandes der Frankfurter Buchmesse, Indonesien. Schummriges Licht, viel Schatten, so die Devise, es braucht eine Weile, bis man sich orientiert hat. Von der Decke hängen lange Laternen aus Papier, 264 an der Zahl, auf denen Landschaften zu sehen sind, Comicstrips oder einfach nur poetische Sätze indonesischer Dichter, Sätze wie „Da sind Vögel, Blätter, Kapok, Wind und vielleicht auch Staub in meinem Lied“ oder „Denke immer daran, wenn der Wind weht, dass das Land, das wir erträumten, voll mit Toten war, vielen Toten“.

In sieben Themenbereiche ist der Pavillon aufgeteilt. Die Literatur des Landes mit seinen 17 000 Inseln spielt dabei nicht gerade die größte Rolle: Man kann an vier Tischen die Gewürze Indonesiens bestaunen, beschnuppern und befühlen, von Kumin über diverse Pfeffersorten bis zu Curry und Kardamon, dazu liegen zahlreiche Kochbücher aus (der Imbissstand dahinter verkauft allerdings nur die üblichen Buchmessen-Baguettes und Getränke), es gibt eine Themeninsel, auf der die Comic-Kultur Indonesiens präsentiert wird, wieder eine andere befasst sich mit Musik und Musikinstrumenten des Landes.

Um die „Vielfalt“ Indonesiens solle es gehen, nicht nur um Bücher und Literatur, so sagte es der Organisator des Ehrengast-Auftritts, der 74 Jahre alte Dichter Goenawan Mohamad im Vorfeld der Messe. Ganz im Sinne seines Kulturministers Anies Baswedan, der bei der Eröffnungsfeier davon sprach, dass man zeigen wolle, „wer wir sind, unsere Kultur, unsere Zivilisation, unser Ansehen als Volk und Nation“. Der Pavillon mit seinen „Islands of Imagination“ (so das Motto) bildet diese Vielfalt so gut es eben geht ab, bedenkt man, dass in Indonesien 250 Millionen Menschen leben, davon fast 90 Prozent Muslime, ohne dass das Land ein islamischer Staat ist. Und dass dort über 500 verschiedene Sprachen gesprochen werden.

"Aus einem Dienst an der Freude" hat Judith Holofernes Gedichte geschrieben

Hat man da gerade noch vor einem Gespräch mit zwei indonesischen Theaterstückschreibern eine Tänzerinnengruppe bewundern dürfen, geht in den übrigen Messehallen schon alles seinen gewohnten Gang. Da dreht Buchpreisgewinner Frank Witzel seine ersten Gesprächsrunden, da lässt sich die dänische Schriftstellerin Janne Teller zu ihrem jüngsten Roman befragen, da sitzen Wagenbach-Verlegerin Susanne Schüssler und der Börsenvereinsgeschäftsführer Alexander Skipis in einer Runde und diskutieren den Zusammenhang von Literatur und Quote und wohin die Reise geht, wenn Big Data den Inhalt von Büchern vorgibt.

Und da steht auch die einstige Wir- sind-Helden-Frontfrau Judith Holofernes im Forum der ARD Rede und Antwort und erzählt, warum sie gerade einen Band mit Tiergedichten veröffentlicht hat, „Du bellst vor dem falschen Baum“. Einfach aus „einem Dienst an der Freude“ habe sie das getan, so Holofernes. Überhaupt sei Bücherschreiben für sie immer eine „Fluchtfantasie“ gewesen, wenn es mit der Band damals mal nicht so gut lief oder zu stressig war. „Ich bin am glücklichsten, wenn ich schreibe, und ich komme schlecht drauf, wenn ich es nicht tue, wenn zu wenig Zeit dafür eingeplant ist. Ich habe fest vor, im Schreiben zu bleiben, ich schreibe viel mehr Songs denn je, und die Gedichte haben da so eine Leichtigkeit hereingebracht.“

Zum Schreiben gehört unweigerlich, dass das Veröffentlichte auch beworben wird. Weshalb Judith Holofernes am Vorabend Ehrengast beim Empfang ihres Verlages Klett-Cotta war. Dort gestand sie, noch nie eine Tischrede gehalten zu haben, machte das aber sehr ordentlich, auch mit dem Verweis darauf, wie gemütlich es in der Buchbranche zugehe, im Vergleich zum hektischen Pop-Business. Die ungezwungen wirkende Holofernes schien sich jedenfalls wohlzufühlen, wie sie da zwischen Denis Scheck und dem „Welt“-Jungreporter Frederic Schwilden saß. Man hätte gern Mäuschen gespielt: Ob Scheck in ihrer Gegenwart auf den Regionalkrimi geschimpft hat? Oder Schwilden von seiner ungleich berühmteren Kollegin und Wanda-Videoschauspielerin Ronja von Rönne geschwärmt hat?

Die Stimmung war insgesamt gut, was auch an der schön launigen Rede von KlettCotta-Verleger Tom Kraushaar lag. Wie gewohnt sprach Kraushaar von den tollen Büchern seines Verlages und von Erfolgen, die 2015 noch größer als sonst seien, mit einer Umsatzsteigerung von 27 Prozent. Das kann sich sehen lassen, und vielleicht hat Kraushaar damit ja das diesjährige Motto der Verlagsbranche vorgegeben: Es geht uns gut.

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