zum Hauptinhalt
Lange wollte sich so wie hier die Berliner Grünen-Politikerin June Tomiak kaum eine Frau blicken lassen, jetzt nennen sich auch Männer "Feministen".

© imago/IPON

#metoo-Debatte: Machen erst Männer den Feminismus salonfähig?

Bis vor kurzem wollten nicht mal Frauen selbst Feministinnen sein. Das ändert sich langsam, doch woran liegt das? Etwa an Männern, die "I am a feminist"-Plakate hochhalten?

Von Barbara Nolte

Was ist eigentlich von Männern zu halten, die sich als Feministen bezeichnen? In diesen Wochen des länderübergreifenden Aufbegehrens gegen sexuelle Übergriffe gibt es wieder vermehrt diese Überläufer in die Frauenbewegung. Zum Beispiel der junge Mann, der im „Spiegel“ abgebildet war, wie er bei Protesten in Washington ein Schild mit der Aufschrift „Real men are feminists“ hochhält.

Vor vier Jahren habe ich das Bekenntnis, Feminist zu sein, zum ersten Mal von einem Mann gehört: Der Internet-Aktivist Daniel Domscheit-Berg sagte es beiläufig, während er ein Paket mit einer im Onlinehandel gekauften Fruchtfliegenfalle öffnete. Ich hielt es für seinen Einfall, sich ein Etikett anzukleben, das nicht für Männer gedacht war. Seine Frau Anke und er waren damals darum bemüht, Rollenbilder zu unterlaufen: Sie machte Wahlkampf für die Piraten-Partei, er den Haushalt.

Dann bemerkte ich, dass sich auch andere Männer so beschreiben: Will Smith, Daniel Radcliffe, Barack Obama, der ehemalige Coca-Cola-Chef Muhtar Kent und der österreichische Präsident Alexander Van der Bellen, um nur ein paar zu nennen. Die unterschiedlichsten Typen. Anhänger des Feminismus, so viel ist klar, haben größere Verhaltensspielräume, als wenn man sich beispielsweise dem Veganismus verschreibt.

Besser als "I am a chauvinist", aber ...

Feminist ist, wer ein Schild hochhält, auf dem das steht. Oder wer auf einem Promotiontermin für seinen neuen Film gleich hohe Gagen für die weiblichen Co-Stars fordert. Das ist nicht besonders schwer, wenn man die Gagen nicht bezahlen muss. Nur was haben wir übrigen Frauen von Equal Pay bei Multi-Millionären? Vielleicht ist das auch kleinlich. Besser, sie laufen mit „I am a feminist“-Plakaten umher, als wenn sie „I am a chauvinist“ draufschreiben würden. Es gibt auch schon T-Shirts mit dem Aufdruck.

Bis vor kurzem wollten häufig nicht mal die Frauen selbst Feministinnen sein. Wenn man erfolgreiche Schauspielerinnen oder Managerinnen in Interviews darauf ansprach, sagten die meisten sinngemäß: „Mit dem Begriff kann ich mich nicht identifizieren, aber...“ Feministin zu sein galt als geschäftsschädigend.

Diese Art der Distanzierung habe ich länger nicht mehr gehört. Ein unschöner Gedanke kommt auf. Wäre es denkbar, dass erst die lippenbekennenden Männer den Feminismus endgültig salonfähig gemacht haben? Haben sie sich etwa mit ihren Plakaten einfach wieder an die Spitze einer Bewegung gestellt?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false