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Kultur: Frech bleiben

Christopher Hogwood dirigiert das RSB

In Joseph Haydn steckte ein Anarchist: Wenn sein Dienstherr nicht zu Hause war, ließ er sich Sinfonien des Sturm- und-Drang-Komponisten Joseph Martin Kraus vorspielen, die der Fürst nicht mochte. Christopher Hogwood setzt Kraus’ Sinfonie in c-Moll an den Anfang des Konzerts, das er mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und dem Rias-Kammerchor im Konzerthaus gestaltet. Den Pionier der historisch informierten Aufführungspraxis interessiert dabei nicht nur die düster-leidenschaftliche Impulsivität des Werks, sondern auch der Bezug zur Konvention – so im tänzerisch angegangenen Mittelsatz, in den die Fuge des Anfangs verstörend einbricht. Mozarts Ballettmusik zur Oper „Idomeneo“, die wie Kraus’ Werk von Gluck beeinflusst ist, nähert sich Hogwoood wie zum Ausgleich von einem dramatischeren, sinfonischen Blickwinkel.

Gegen den durchdachten ersten Konzertteil fällt Haydns „Paukenmesse“ ab: Während das RSB dem transparenten Klang britischer Originalklangensembles sehr nahekommt, wirkt das Verhältnis von Dirigent und Chor distanzierter. Die weiblichen Solisten Christiane Oelze und Katharina Kammerloher gestalten ihre Partien zwar plastisch, doch die Einwürfe des Tenors Michael Schade sowie des Basses Markus Butter wirken forciert. Der Rahmen einer auf hohem Niveau konventionellen Interpretation wird nur in gut beobachteten Details verlassen: in der beunruhigend langen Pause zwischen Jesu Sterben und Auferstehung etwa. Ganz lässt sich Haydns anarchistische Seite eben nicht verstecken. Carsten Niemann

Das Konzert wird am 26. 12. um 20.04 Uhr im rbb-Kulturradio gesendet.

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