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Kultur: Freunde fürs Leben

Mit dem Ende der Sowjetunion wurde in den neunziger Jahren auch der Spionagethriller abgewickelt. James Bond kam noch so eben in der neuen Weltordnung an, aber die weniger stilvollen Kollegen blieben auf der Strecke.

Mit dem Ende der Sowjetunion wurde in den neunziger Jahren auch der Spionagethriller abgewickelt. James Bond kam noch so eben in der neuen Weltordnung an, aber die weniger stilvollen Kollegen blieben auf der Strecke. Über 40 Jahre lang diente das bipolare Nachkriegssystem in Hollywood als Stereotypenlieferant. Danach spielte sich der destruktionswütige Actionfilm als Nachfolger auf. Und die Trauerarbeit um den Verlust des Genres ging im Tagesgeschäft unter.

Wer zu wenig trauert, neigt zur Verklärung - so wie Regisseur Tony Scott, der nun in "Spy Game" das Geheimdienstwesen des Kalten Krieges mit dem diplomatischen CIA-Gezeter der frühen neunziger Jahre vergleicht. Nathan Muir (Robert Redford), Special-Agent kurz vor der Pensionierung, übernimmt seinen letzten Job. Er will den jungen Scharfschützen Tom Bishop (Brad Pitt), den er einst in Vietnam unter seine Fittiche nahm, aus einem chinesischen Hochsicherheitsgefängnis rauspauken - und das binnen 24 Stunden, denn Bishop soll wegen Spionageverdachts hingerichtet werden. Und da ein eigens eingesetzter CIA-Ausschuss zögert, für Bishops Rettung einen diplomatischen Eklat zu provozieren, bereitet Muir hinter dessen Rücken die Befreiungsaktion kurzerhand selber vor.

Dem Kammerspiel-Szenario in der CIA-Zentrale setzt Tony Scott malerische Ausflüge an die Krisenherde des Kalten Krieges entgegen. Vietnam 1972. Berlin 1975. Beirut 1985. Vietnam gleicht hier einer Landschaft aus dem Safari-Katalog - nur dass nicht auf Löwen, sondern auf Vietcong-Generäle geschossen wird. Dafür sieht Ost-Berlin aus wie Budapest, das für die Frontstadt als Double einspringen musste. Die Hauptstadt der DDR hatte für Hollywood schon immer besonderes Trash-Appeal.

Hier im Herzen der Bestie konfrontiert Muir seinen Nachwuchsspion Bishop mit den Härten des Agenten-Business. Damit beginnt eine lange tiefe Freundschaft, deren Vater-Sohn-Charakter penetrant in den Vordergrund gerückt wird - offenbar um homoerotischen Lesarten vorzubeugen. In Beirut schließlich zerbricht die Männerfreundschaft: Der Junior verliebt sich in eine britische Ärztin (Catherine McCormack), die in einem Palästinenser-Lager arbeitet.

Mit Robert Redford und Brad Pitt versammelt sich in "Spy Game" jede Menge generationsübergreifender Sexappeal auf der Leinwand. Leider schlägt der Film aus diesem Gipfeltreffen wenig Kapital. Redford und Pitt spielen eher uninspiriert aneinander vorbei. Und die modisch mit Reißzooms inszenierten hektischen Wechsel zwischen den Zeit-Ebenen nehmen dem Geschehen darüber hinaus den dramaturgischen Drive.

So bleibt nur Plakatives: Die Neue Weltordnung präsentiert sich in blauen Bürokorridoren und Spiegelglaskäfigen als eisige Technokratie, während selbst die finstersten Kapitel des Kalten Krieges im warmen Retro-Look aufscheinen. Der gute, alte Redford passt dazu - Held einer Ära, in der harte, aber ehrliche Agenten genau wussten, wann es Zeit war, einen Kameraden per Hubschrauber aus den Klauen des Feindes zu befreien.

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