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Kultur: Freunde sollt ihr sein

KLASSIK

Die deutsch-französische Freundschaft strahlt bis ins Konzerthaus : Während ein paar hundert Meter entfernt die neue französische Botschaft eröffnet wird, beweisen Michael Gielen und das Berliner Sinfonie-Orchester , dass die Verbundenheit zum Nachbarland kein bloßes Lippenbekenntnis ist. Der 75-jährige Gielen ist von jeher ein guter Dirigent französischer Musik gewesen. Sein analytischer Scharfblick kommt schon Ravels „Barque sur l’océan“ und der „Alborada del gracioso“ zu Gute. Statt auf polierten Oberflächenglanz zu setzen, offenbart Gielen Ravels Sound-Alchemie, entlockt dem BSO einen elastischen, aufgefächerten Klang, der an die alte französische Tradition erinnert. Freundschaft heisst eben, dass man seine eigenen Stärken mit denen des Partners verbindet: In Henri Dutilleux’ Cellokonzert „tout un monde lontain“ sind das konkret französische Eleganz und deutsche Seele. Während Gielen mit diaphaner, minuziös auslotender Begleitung für ersteres sorgt, bringt Tanja Tetzlaff mit ihrem schnörkellosen, dunklen Celloton die deutsche Komponente ein. Dutilleux’ poetische Elegie bekommt so eine Tiefendimension jenseits bloßer Klangaquarellistik. In diesem Umfeld wirkt Dvoraks mit romantischem Hochdruck gespielte Siebte etwas beziehungslos. Man sollte sich wohl nur einem Freund zu gleicher Zeit widmen. Jörg Königsdorf

Jörg Königsdorf

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