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Kultur: Freundliche Übernahmen

Große Oper, kleine Schritte: Wie der Bund sich um Berliner Problembären kümmert

Der Bund ist tapfer. Er hat Berlin seit der Vereinigung schon viel geholfen. Zum Beispiel hat er in den vergangenen Jahren die Akademie der Künste, die Berliner Festspiele mit dem Martin-Gropius-Bau sowie das Haus der Kulturen der Welt komplett in seine Finanzregie übernommen. Er tat dies vor allem, ad hoc und vielleicht nicht zu Ende gedacht, um den Berliner Kulturhaushalt zu entlasten – und nicht, um sich zum obersten Kulturherren in Berlin aufzuschwingen.

Stets waren diese Umschichtungen und Rettungsaktionen, niedergelegt im Hauptstadtkulturvertrag, von föderalistischen Bedenken begleitet; oft war es auch nur Gegrummel aus südbundesländischen Staatskanzleien. Dass man die Hauptstadt und ihre Kultur nun entspannter sieht und eine gewisse Berlin-Phobie sich verflüchtig, das heilte die Zeit. Berlin ist Hauptstadt geworden, das kulturelle Zentrum.

Der Bund und Berlin: Das gehört ohnehin zusammen. Die Schnittmenge ist groß – und überall da, wo man endlich zu Lösungen gelangt, wie gestern in der Frage von Humboldt-Forum/Stadtschloss, verschwindet der künstliche Gegensatz von der Bundeshauptstadt und dem Ort, an dem diese stattfindet und sich manifestiert. Zum Beispiel auch bei der Museumsinsel. Da war immer klar, dass es nicht um regionale oder städtische, sondern nationale Aufgaben geht. Dennoch bleiben zwei Grundsatzfragen. Wie viel Bund braucht die Berliner Kultur, um ihr Niveau zu halten, um im globalen Wettbewerb der Kulturstädte, der unzähligen Festivals und Großausstellungen vorn mitzuspielen? Und: Welche Einrichtungen soll der Bund in Berlin finanzieren?

Dabei handelte sich der Bund so manchen Berliner Problembären ein. Die bundesunmittelbaren Kulturinstitute in Berlin haben es nicht leicht – was hauptsächlich an ihrer jeweiligen Geschichte liegt und nicht an der Unfähigkeit von Kulturstaatsminister Bernd Neumann und seinen Vorgängern.

Zum Beispiel die Akademie der Künste. In ihrem gläsernen Sarg am Pariser Platz darf sie als prächtiger Anachronismus betrachtet werden; doch schließlich lebt Kultur nicht von der Aktualität allein, und nicht jeder ist gegen Staub allergisch. Oder die Berliner Festspiele. Sie gelten – im internationalen Maßstab – als notorisch unterfinanziert. Das Haus der Kulturen der Welt entwickelte zuletzt einen bemerkenswerten Elan – bis zur Schließung der Kongresshalle, die von Grund auf saniert werden muss.

Große Schwierigkeiten, große Baustellen. Daher erklärt sich auch der Vorschlag der Bundestagsabgeordneten Monika Grütters, die Berliner Philharmoniker in Bundesregie zu übernehmen. Das wäre einmal etwas anderes – ein internationales Spitzenorchester, ein reines Erfolgsmodell. Ganz anders die Opernstiftung. Sie wurde nach endlosem Gezerre gegründet, um den Bestand der drei Berliner Opernhäuser zu garantieren. Und dafür stieg der Bund in die Finanzierung anderer Institute ein. Aber die Stiftung gilt nicht mehr als Ideallösung, sie war es nie. Dass ihre Mittel auf mittlere Sicht nicht ausreichen, lässt sich kaum bestreiten.

Und wieder dreht sich der Kreisel. Soll der Bund, nomen est omen, die Staatsoper übernehmen, den größten Brocken in der Stiftung, das Haus Unter den Linden, das dringend saniert werden muss? Oder liegt es nicht viel eher in der Logik der freundlichen Übernahmen, wenn der Bund sich der Deutschen Oper annähme? Dort sind die strukturellen Probleme offensichtlich am ärgsten – was wiederum mit der Lage des Hauses, seiner Historie und Größe zusammenhängt.

Alles so schön Bund hier?! Es ist, frei nach Nina Hagen, ein altes Lied, und noch längst sind nicht alle Strophen gesungen.

Rüdiger Schaper

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