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Kultur: Fusion und Konfusion

Die Berliner Landesmuseen sollen unterm Dach einer Stiftung endlich ihr Publikum finden

Berlin ist die Stadt der Kunst. In Deutschland hält sie mit knapp 130 Museen den Rekord. Und doch sind es nur bestimmte Häuser, in die das Publikum strömt. Museumsinsel, Nationalgalerie, Deutsches Historisches Museum locken die Massen; in die Berliner Landesmuseen haben 2002 hingegen nur zehn Prozent der insgesamt 8,5 Millionen Besucher gefunden. Höchste Zeit also für diese Institutionen, sich angesichts der übermächtigen Konkurrenz durch die Staatlichen Museen neue Gedanken zu machen.

„Stiftung“ lautet für Kultursenator Thomas Flierl auch nach den umstrittenen Ergebnissen im Opernbereich die Zauberformel: Das Stadtmuseum, das bereits zwölf verschiedene Häuser vereint, die eben wiedereröffnete Berlinische Galerie und das Brücke-Museum sollen fusionieren. Seit anderthalb Jahren wird schon nach dem passenden Modell gesucht. Ein „Museumspolitisches Symposium“ sollte nun verbliebene Zweifel ausräumen. Doch eine klare Antwort auf die Frage „Welche Zukunft für die Berliner Landesmuseen?“ war auch hier nicht zu bekommen.

Dass sich das bislang profillose Stadtmuseum mit seinen weit verzweigten Standorten, das in Grunewald zunehmend ins Abseits geratene Brücke-Museum und die neu ambitionierte Berlinische Galerie verbünden müssen, wird dabei von niemandem bestritten. Ob die Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck, die derzeit mit hohen Defiziten ihrer insgesamt sieben Museumsstiftungen zu kämpfen hat, oder Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Museen in Dresden, der vor den zunächst anstehenden Mehrkosten warnte – sie alle empfehlen Berlin den Weg der direkten Kooperation. „Auf den Inhalt kommt es an, nicht auf die Struktur,“ warnt Martin Roth: „Die Stiftung allein ist kein Allheilmittel.“

So verspricht sich jeder etwas anderes von der künftigen „Stiftung Berliner Landesmuseen“. Der Generaldirektor der Stiftung Stadtmuseum, Kurt Winkler, setzt eher nebulös auf „Entfaltung der Potenziale“ und hofft auf die Realisierung eines lange versprochenen Neubaus. Jörn Merkert, Direktor der Berlinischen Galerie, erwartet mehr Planungssicherheit angesichts beständig gekürzter Budgets. Die Dritte im Bunde, Magdalena M. Moeller, Leiterin des Brücke-Museums, hatte das Symposion vorzeitig verlassen und musste die Antwort schuldig bleiben. Die in einem Nebensatz der Hamburger Kultursenatorin gefallene Bemerkung, das Brücke-Museum würde doch in einem größeren Haus eine wunderbare Unterabteilung bilden, hatte die empfindliche Direktorin zuvor ins Mark getroffen. Merkerts süffisanter Hinweis, ihr Museumsbau am Waldesrand sei doch eine wunderbare Immobilie, blieb Moeller erspart.

Damit ist eine der Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fusion bereits nicht mehr gegeben. Karin von Welck selbst hatte als erste Bedingung das Einverständnis aller Beteiligten genannt. Im Brücke-Museum selbst macht sich Defätismus breit. Als nachgeordnete Einrichtung liege die Entscheidungsgewalt sowieso beim Kultursenator, hieß es dort gestern. Die zunächst erhoffte Wirkung einer Fusion, personelle Einsparungen, würde ohnehin nicht eintreten: Direktorin, Verwaltungskraft und Hausmeister sind neben dem Aufsichtspersonal bereits die letzten Verbliebenen. An einer schärferen Profilierung des Ausstellungsprogramms kann dem Haus ebenfalls kaum gelegen sein, da es seinen Fokus ohnehin auf einen eng begrenzten Zeitraum gerichtet hat. Trotzdem hätte es den größten Nutzen von einer Fusion, denn dann könnte die Sammlung auch andernorts in Berlin gezeigt werden, erklärte Merkert nicht ganz ohne Eigennutz. In seinem gerade eröffneten Bau präsentiert er an einer Ausstellungswand aus dem Brücke-Museum entliehene Werke von Kirchner, Schmidt-Rottluff und Heckel. Außerdem werde das kleine Haus von den Restauratoren der Berlinischen Galerie profitieren, wenn im kommenden Jahr die große „Brücke“-Ausstellung nicht im Grunewald, sondern in seinem Domizil gastiert.

Von Aufbruchstimmung also keine Spur. Stattdessen argwöhnt jeder, was er womöglich verliert. Dabei hatte Norbert Zimmermann, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und eigentlich „Angstgegner“ der Berliner Landesmuseen, am ehesten Ermunterung zu bieten. „Eine Stiftung stärkt die Einrichtungen nach außen“, verspricht er. Damit unterstützt er das Hauptargument von Kulturstaatssekretärin Barbara Kisseler, die sich vom Generaldirektor einer großen Landesstiftung einen entschiedeneren Auftritt gegenüber dem Finanzsenator verspricht. Welche Kompetenz dieser Repräsentant besitzen soll, ob er aus dem Kreis der jetzigen Direktoren kommt oder berufen wird wie bei der Opernstiftung, scheint noch nicht entschieden.Trotzdem ist Eile geboten. Kultursenator Flierl will noch in dieser Legislaturperiode die Landesmuseen unter einem Dach vereint sehen. Das Stiftungsgesetz soll möglichst Anfang 2005 in Kraft treten. Das nächste Rendezvous der Landesmuseen kommt gewiss.

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