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Kultur: Fußball: Schale, Schale

Früher war zwar nicht alles besser, aber manches einfacher. Fußball zum Beispiel.

Früher war zwar nicht alles besser, aber manches einfacher. Fußball zum Beispiel. Zum Schluss der Saison gab es ein Endspiel, und der Sieger wurde mit der Viktoria-Statue geehrt. Fertig. Reste dieser Kultur haben sich beim DFB-Pokal erhalten. Die Meisterschaft aber ist komplizierter geworden, vor allem am letzten Spieltag, und fast jedes Mal stehen die Funktionäre vor der selben Frage: Wer gewinnt - und wo wird gefeiert? Denn ihr Wichtigster muss zum Sieger, mit dem Original der Meisterschale.

Aber was heißt schon Original? Viktoria ging im Krieg verloren und tauchte erst wieder nach der Wende auf. Die Schale, um die es heute geht, wurde 1949 von Elisabeth Treskow aus Sterling-Silber geschmiedet, als Viktoria-Ersatz und mit Turmalinen besetzt (übrigens in der Werkschule Köln; wenn Silberteller Heimweh bekämen, würde dieser hier vor Leid ermattet sein). 1981 wurde das Ersatzoriginal dann so brutal umgebaut, als hätte man dem nachgemalten Original-Mann von Rembrandt eine Krempe an den Goldhelm geklebt. Weil der Platz für noch mehr Bayern-Meister-Gravuren nicht reichte, legte Schmiedemeister Adolf Kunesch einfach einen Ring um die Schale, die seitdem erst recht einer Schüssel gleicht.

Dieses Exemplar - elf Kilo, 246 Karat, Versicherungswert 100 000 Mark - liegt nun heute in Hamburg bereit, um es den Bayern, denen man es zum Zweck der abermaligen Übergabe für einige Tage fortnahm, wieder mit auf den Weg nach München zu geben. Aber was, wenn nun doch Schalke ...

Für einen solchen Fall gibt es ein Abbild der Schale, also eine Kopie, oder, um es modern zu sagen: einen Klon. Der käme, wenn, dann heute in Gelsenkirchen aus dem Koffer. Erst in ein paar Jahren, wenn das Beamen perfektioniert ist, wird es diese etwas schale Schale nicht mehr geben müssen. Aber was heißt hier schal? Lässt nicht erst der überraschende Sieg den Champagner richtig prickeln? Ja, längst ist das Abbild des Treskow-Tellers zum Original für den echten, bis spät kämpfenden Sieger geworden.

Ach übrigens: Wenn Sie glauben, diese Glosse hier schreibt ein Original, könnten Sie sich täuschen. Oder auch nicht. Aber was macht das schon für einen Unterschied. Hauptsache - Meister!

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