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Treffen der G7-Außenminister in Lübeck: US-Außenminister John Kerry (2.v.r), hinter ihm Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Kanadas Außenminister Rob Nicholson, Japans Außenminister Fumio Kishida und EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.

© dpa

G7-Treffen: Der europäische Pfeiler

Die USA wollen seit langem eine Arbeitsteilung mit Europa. Weil es die jetzt gibt, lobt Außenminister John Kerry in Lübeck die Europäer. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Lange war er nicht da, drei Stunden etwa, aber es war das, was die Amerikaner „Quality Time“ nennen. Kurz: Der Besuch von US-Außenminister John F. Kerry in Lübeck beim G7- Treffen war inhaltsreich. Nehmen wir die Iran-Verhandlungen – es ist schon wichtig, genauer zu wissen, wie es da weitergehen kann und soll. Weltpolitisch wichtig. Dazu gehört auch eine Versicherung, ob die USA geschlossen dastehen.

Dass die Republikaner in Amerika der Einigung mit Teheran buchstäblich eine Frist einräumen, ist mehr, als nach dem Brief der Senatoren an die Mullahs jüngst zu erwarten war. Zur Erinnerung: Mitten in die Atomverhandlungen hatten 47 US-Senatoren einen offenen Brief nach Teheran geschickt, in dem sie betonen, ein Abkommen durch den Präsidenten könne jederzeit wieder gekippt werden. Das war ein Brief, der an vielem zweifeln ließ, an Integrität, an nötiger nationaler wie internationaler Solidarität und auch daran, ob einige im Washingtoner Senat noch ganz bei Sinnen sind. Aber sie scheinen sich ja doch zu besinnen.

Die USA suchen Partner

Daneben bleibt der Ukraine-Konflikt von weltpolitischer Bedeutung. Wie Kerry jetzt Deutschland und Frankreich für ihre gemeinsamen Bemühungen lobte (Stichwort Minsk II), das sucht wirklich seinesgleichen. Bedauerlicherweise ist es nahezu untergegangen, dass der Außenminister damit an Statements des Präsidenten vor Jahren anknüpft: dass nämlich die USA sich nicht mehr überall auf der Welt federführend bei Konflikten engagieren wollen (und, nebenbei, auch nicht mehr können). Also suchen sie Partner, die sie selbstverständlich unterstützen, die aber einen Teil der – in Anlehnung an George Bush den Älteren – Führung der westlichen Welt übernehmen. Partner, Themen durcharbeiten und abarbeiten. Gemeinhin versteht man das unter Arbeitsteilung. Insofern sind Kerrys Äußerungen gar nicht überzubewerten, zeigen sie doch auf die Stärkung des europäischen Pfeilers einer Sicherheitsarchitektur hin, die bereits John F. Kennedy wollte.

Kerry denkt strategischer als Clinton

Das blieb so lange erfolglos und folgenlos, wie die führenden europäischen Staaten entweder die damit verbundenen Lasten nicht schultern wollten, auch die diplomatischen nicht, und andererseits lange demonstrativ auf Abstand zu den USA bedacht waren, wie im Fall Frankreichs. Das hat sich jetzt aber beides grundlegend geändert, und mit der deutsch-französischen Initiative im Ukraine-Konflikt wird dementsprechend ein neues Kapitel in der westlichen Außenpolitik aufgeschlagen. Eines, auf das die Obama-Administration diplomatisch klug reagiert hat. Da hilft schon, dass John F. Kerry eine Ader fürs Europäische hat. Übrigens, aber das nur am Rande, mehr und strategischer gedacht als seine Vorgängerin Hillary Clinton.

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