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Kultur: Galerie Paula Böttcher: Die österreichische Künstlerin Gerda Leopold zeigt "Schattenreliefs" in der Galerie Paula Böttcher

Die Ausstellung beginnt zuhause. Die Wiener Künstlerin Gerda Leopold ließ sich für die Einladungskarte rücklings nackt am Boden wie eine Schlampe im Kabuff fotografieren.

Die Ausstellung beginnt zuhause. Die Wiener Künstlerin Gerda Leopold ließ sich für die Einladungskarte rücklings nackt am Boden wie eine Schlampe im Kabuff fotografieren. Sie öffnete leicht den Mund, schloss die Augen und streckte beide Arme aus. Klick. Ihre Haut ist über und über mit Fotografien von Mannequins bedeckt. "Bekleidung?", schrieb sie im Begleittext. "Nein, Bekleidung ist nur ein Mittel. Es geht um das Entkleiden - darin liegt das Versprechen. Und die Nacht wird niemals enden." Ein wenig nekrophil, verkitscht und erotoman ergibt sich so eine bitter-süße Melange aus Witz und Schmäh. Sie passt in die Reihe von Ausstellungen, die sich zurzeit gerne mit Mode, Logos und anderen Begehrlichkeiten befassen.

Auch im Werk von Gerda Leopold gibt es einen künstlerischen Kommentar zu der Idee der Mode, zum bleibenden Wechsel der Warenfaszination. Leopold hat Abbildungen aus Modemagazinen nachgedruckt, die Fotos von Mannequins auf dem Laufsteg ausgeschnitten und eine rhythmisch wechselnde Reihe des Immergleichen ins Quadrat gesetzt. Worauf sich der Fokus der Fotografen richtete ist nun Leerstelle. Die Repro-Drucke hängen mit faustbreitem Abstand von der Wand. Durch diese Leerstellen fallen die Schattenrisse der Modelle und erscheinen beim Gang an den Bildern vorbei wie eine Parade von Gespenstern. Darin läge durchaus ein Beginn. Man hat es mit Fotografie, Reproduktion, Schnitten, Licht, Ein- und Ausfallswinkeln und der Verwechselbarkeit der Fotos in Magazinen zu tun.

Die Klarheit, die Leopold in diesem "Check out" genannten Schattenrelief gewinnt, verspielt sie in ihren anderen Reliefs durch die Dominanz bloßer Oberflächenreize. Die Schau hat die Schwächen und Stärken eines Debüts. Die Künstlerin will nicht etwas Bestimmtes, sondern alles Mögliche zeigen. Sie hängt Malerei dazu, legt eine Mappe mit grausligen Fotos aus, auf denen sie Papier leckt, beißt, in den Mund stopft. Auch ein Leuchtkasten fehlt nicht. Die Schau trudelt zwischen feministischen Grundsätzen (die Frau wird zum Opfer der gängigen Schönheitsideale) und Werkproben aus mehreren Medien (die Frau agiert als multimediale Künstlerin) rückwärts in die achtziger Jahre. Damals studierte Gerda Leopold noch in Berlin Malerei. Jetzt kommt sie von einem langen Arbeitsaufenthalt in New York zurück und hat offensichtlich in puncto Gender-Studies etwas gründlich missverstanden und den Anschluss an die Berliner Situation verpasst. Der Stand der Diskussion in Sachen Gender ist hierzulande weniger borniert und ideologisiert als in New York. Vielleicht sind deshalb die dortigen Ergebnisse kaum exportierbar.

Peter Herbstreuth

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