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Kultur: Gassenhauer vom Jahrmarkt

KLASSIK

Eigentlich war Mahlers Vierte angekündigt – und viel Abonnentenpublikum, bei bestem Wetter angereist, geriet ob Schubert, Mozart und Strawinsky in Beschwerdestimmung. Dass es nicht zu Protesten kam, lag wohl am Prominentenbonus von Zubin Mehta , vielleicht aber auch am einleitenden Traumpaar Staatskapelle und Schubert: Gefällig und ohne besonderen Gestaltungswillen steuerte Mehta durch die Rosamunde-Ouvertüre, ließ aber dem dunkelwarmen Streicherklang Raum, sich ungehemmt in den Weiten der Philharmonie zu verlieren. Damit die als Solistin für Mahler geladene Christine Schäfer nicht ungehört nach Hause geschickt werden musste, bekam sie Konzertarien von Mozart. Auch hier keine Zeit zum Meckern: In „Ah! Lo previdi!“ wird gleich gestorben, muss geklagt und gerast werden. Schäfer, die zuletzt viel Kritik für ihre Violetta an der Lindenoper einstecken musste, ist nichtsdestotrotz auf sicherem Weg, das kühle Glöckchensopran- Image abzulegen. Kaum vorstellbar, dass diese Andromeda nicht qualvoll zugrunde geht. Wer jetzt noch hartnäckig schlechtgelaunt war, den konnte auch Strawinskys Burleske „Petruschka“ nicht mehr milde stimmen. Überzeugend legte Mehta die folkloristischen Ursprünge des motivischen Materials dar, etwa die Gassenhauer auf dem Jahrmarkt oder die immer wieder eingeblendeten derb-rhythmischen Tänze. Dass dem bayrischen Staatsoperndirektor dabei das Eifersuchtsmusikdrama nicht entgeht, das im Mord am unglücklichen Kirmeshelden Petruschka kulminiert, darf als selbstverständlich gelten. Mahlers finales Versprechen vom himmlischen Leben gab es zum Abschluss zwar nicht – wohl aber einen packend erzählten Krimi. Den allerdings hätten die Schlechtgelaunten auch in der Datsche haben können.

Helge Rehders

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