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Zweisam stark. Pianist Paul Rivinius und Cellist Julian Steckel. Foto: Borggreve

© www.marcoborggreve.com

Kultur: Gebäck und Gebälk

Musikalische Landpartie im Dörfchen Paretz

Ach, du liebliches Brandenburg! Wer dich durchstreift, muss schon sehr genügsam sein. Wo sich drei Hügel knubbeln, nennst du dich gleich „Schweiz“, und jedes Haus, das ein wenig über die umstehenden Bauernkaten hinausragt, will ein Schloss sein. Im Dörfchen Paretz, nur einen Steinwurf vom nördlichen Potsdamer Stadtrand entfernt, findet man einen dieser prachtlosen Herrschaftssitze: „Nur immer denken, dass Sie für einen armen Gutsherrn bauen!“, hatte der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. seinen Baumeister Gilly ermahnt.

Im Gegensatz zum Paretzer Schloss ist die neue Kulturscheune schräg gegenüber leicht als solche zu erkennen: Außen Backstein und Fachwerk, innen der freie Blick ins Gebälk, traditionelle Handwerkskunst, deren vielfach verwinkelte Streben für beste akustische Bedingungen sorgen. Gut geeignet also für die Brandenburgischen Sommerkonzerte, jenes Festival, das seit nunmehr 21 Jahren die Berliner zu Entdeckungsfahrten ins Umland animiert. Eine wohlklingende Nachwende-Erfolgsgeschichte, bei der man leicht vergisst, dass in jeder Saison, an jedem abgelegenen Flecken im Land immer wieder neu die Bedingungen für den Kunstgenuss erkämpft werden müssen, allzu oft angefangen bei den notdürftigsten Infrastrukturmaßnahmen.

Noch lustwandeln die Zuhörer im Landschaftspark, angelegt um 1800 nach englischer Manier, lassen sich – so will es der Brauch  – von den Einheimischen mit Kaffee und Kuchen bewirten. Hinter der Bühne spielen sich derweil Julian Steckel und Paul Rivinius warm. Leicht werden es der Cellist und sein Pianist den Zuhörern nicht machen, mit Sonaten von Brahms und Saint-Saens, mit Avantgardestücken vor allem von Claude Debussy und Franz Liszt, beides wahrhaft freie Geister, die ihre Musik, schwer fasslich, in den Gedankenraum entsenden.

Just in dem Moment, als die Besucher aus der stickigen Scheune zur Pause ins Freie streben, nach Erfrischung lechzend, setzt der Landregen ein. Ach, du liebliches Brandenburg. Frederik Hanssen

Nächstes Konzert: Baiba und Lauma Skride am 23. 7. in Eisenhüttenstadt. Das ganze Programm unter: www.brandenburgische-sommerkonzerte.de

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