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© AFP

Geburtstag: Kluge Blumen

Dem mexikanischen Autor Carlos Fuentes zum 80.

Das Dreigestirn der lateinamerikanischen Literatur: Gabriel García Márquez, Mario Vargas Llosa und Carlos Fuentes. Sie sind die Überlebenden des Booms der sechziger Jahre, als die jungen lateinamerikanischen Autoren als „fantastische Realisten“ die Weltbühne betraten. In ihrer Heimat erfüllten sie freilich prosaischere Rollen: Sie waren wie Archäologen, die endlich die komplizierte Geschichte Lateinamerikas freilegten. Als Fuentes 1958 mit „Landschaft in klarem Licht“ seinen ersten Roman veröffentlichte, bescheinigte ihm die Kritik, dass er das erste große literarische Werk über das postrevolutionäre Mexiko-City geschaffen hatte: ein collagenartiges Porträt, wie ein Wandgemälde Diego Riveras. Vier Jahre später erschien „Der Tod des Artemio Cruz“: eine Provokation, denn der Roman offenbarte das Scheitern der mexikanischen Revolution. Fuentes wurde Zielscheibe zahlloser Angriffe: Er spreche zu gut Englisch und bekäme gute Kritiken nur im Ausland, hieß es von rechts. Er sei nicht radikal genug, lautete der Vorwurf von links. Alle gemeinsam meinten, er verstehe die Seele Mexikos nicht, da er kein richtiger Mexikaner sei.

Tatsächlich ist Carlos Fuentes Macias, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, ein Nomade. Er kam 1928 in Panama-Stadt als Sohn eines Diplomaten zur Welt, wuchs in Quito, Montevideo und Rio de Janeiro auf, ging in Washington, Santiago de Chile und Buenos Aires zur Schule. Er studierte in Genf und Mexiko-City. 1975 wurde Fuentes zum Botschafter in Paris berufen, gab das Amt aber 1977 wieder auf. Von der kubanischen Revolution sagte er sich 1971 los, blieb aber ein kritischer Linker.

Fuentes hat ein üppiges Werk geschaffen, in dem er die Einsamkeit des Menschen und die Identitätsfindung der Lateinamerikaner umkreist – die typischen Topoi der mexikanischen Literatur. Sein Stil zeichnet sich durch Blumigkeit aus, die, ebenso wie der Hang zur Wissensausbreitung, seinen Erzählfluss hemmt. Zu seinen wichtigsten Werken zählen „Terra nostra“ (1975), „Diana oder die einsame Jägerin“ über seine Beziehung zur US-Schauspielerin Jean Seberg (1996) und „Die Jahre mit Laura Díaz“ (2000). Heute gehört er zur Spezies des internationalen Großschriftstellers und ist eine moralische Instanz.

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