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Kultur: Gegengutachten

War Walter Jens doch ohne sein Wissen NSDAP-Mitglied?

In der Debatte um die NSDAPParteimitgliedschaft des Tübinger Rhetorikprofessors und Schriftstellers Walter Jens plädiert der Berliner Historiker Götz Aly in der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ für die These von einer unwissentlichen Mitgliedschaft. Nachdem das im Dezember erschienene „Internationale Germanistenlexikon 1800–1950“ die NSDAP-Mitgliedsnummern einiger prominenter Germanisten veröffentlicht hatte, beteuerte der 1923 geborene Jens, von einer Mitgliedschaft nichts gewusst zu haben. Ein Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte schloss die Möglichkeit einer unwissentlichen Mitgliedschaft zunächst aus. Walter Jens forderte ein „Gegengutachten“.

In der „Zeit“ rekonstruiert Götz Aly nun die näheren Umstände des mutmaßlichen Parteieintritts. Nach seiner Einschätzung könnte Jens, der damals an der Universität Hamburg studierte, im Wintersemester 1942/43 im Zuge einer „quellentechnisch beweisbaren Zwangsrekrutierung“ für den NS-Studentenbund auch in die Mitgliederkartei der NSDAP aufgenommen worden sein, ohne ein Parteibuch bekommen zu haben. Allerdings bildete, so Aly, „eine solche Maßnahme, exakt zu der Zeit, in der Jens als Parteimitglied registriert wurde, ... einen absoluten Sonderfall an den deutschen Universitäten und wurde im folgenden Semester gestopp“. Für die unwissentliche Mitgliedschaft spreche ferner, dass auf den Karteikarten der Universitäten Hamburg und Freiburg die Rubrik „Mitglied der NSDAP seit: ...“ ohne Eintrag blieb, obwohl sie lange nach dem mutmaßlichen Eintrittsdatum ausgefüllt worden seien. Jens’ Darstellung, „er habe von seiner NSDAP-Mitgliedschaft nichts gewusst und sich aktiv niemals um den Parteieintritt bemüht“ erscheine nach der Quellenlage glaubhaft. Tsp

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