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Kultur: Geigen im Gegenwind

untersucht eine klassische Klimaveränderung Der Wind hat sich gedreht für young.euro.

untersucht eine klassische Klimaveränderung Der Wind hat sich gedreht für young.euro.classic . War in den ersten vier Jahren des Jugendorchester-Festivals kaum etwas anderes zu hören als Lob für die Idee und die aus allen Ecken Europas zusammenkommenden Nachwuchs-Klassiker, gab es diesmal erstaunlich viel Mäkelei. Vor allem die Uraufführungen, die seit Bestehen des Festivals zentraler Bestandteil der Konzerte sind, wurden fast durchweg als sentimentaler Kitsch und epigonale Dünntönerei abgekanzelt, mit den Bemühungen der Jugendorchester um Mahler, Strawinsky und Schostakowitsch, bei denen sonst meist ein Auge zugedrückt wurde, waren die Kritiker diesmal erheblich ungnädiger.

Diese Klimaveränderung zeigt einerseits, dass der Anfangsbonus des Festivals aufgezehrt ist und professionelle Maßstäbe an die Stelle von Streichelheiten getreten sind – was den Musikern selbst eigentlich sogar recht sein müsste. Andererseits liegt der Überdruss aber auch an den Programmen selbst und ihrer Vorhersehbarkeit. Denn nahezu ausnahmslos stürzen sich die Jugendorchester jedes Jahr auf die gleichen Brocken der großen spätromantischen Sinfonik – und zeigen sich programmatisch noch schmalspuriger als die Profi-Orchester, die längst dabei sind, sich von ihrer Mahler-Bruckner-Monokultur zu verabschieden. Wo etwa wäre das Jugendorchester, dass in den letzten Jahren mit einer Haydn-, Mozart- oder Mendelssohn-Sinfonie einen Akzent gesetzt hätte?

Und was die Uraufführungen betrifft, reicht es schon, an die vom Festival selbst gesetzten Maßstäbe zu erinnern: Im ersten Jahr schrieb beispielsweise mit dem Finnen Magnus Lindberg einer der bedeutendsten lebenden Komponisten überhaupt ein Stück namens „Cantigas“ eigens für young.euro.classic (das denn auch den Kompositionspreis gewann).

Heute Abend geht die fünfte YEC-Runde mit dem Konzert des European Union Youth Orchestra im Konzerthaus erst mal zu Ende – mit einem Programm, das die Auseinandersetzung mit Zeitgenössischem (abgesehen vom obligatorischen Fanfaren-Feigenblatt) gleich ganz vermeidet und stattdessen auf sicheres Repertoire und große Namen setzt: Brahms’ Violinkonzert mit Stargeiger Vadim Repin , dazu Prokofjews leicht verdauliche „Romeo und Julia“-Stückchen und, damit das Orchester auch eine knifflige Aufgabe zu lösen hat, noch ein wenig Messiaen dazu.

Ach ja: Am 6. September schiebt die Junge Deutsche Philharmonie noch einen verspäteten Festival-Beitrag nach. Aber vielleicht hat der Wind bis dahin schon wieder gedreht.

Jörg Königsdorf

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