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Kultur: Geigenton & Menschenlaut

KLASSIK (1)

Wenn Neue Musik in so dichten und intensiven Interpretationen erklingt wie vom Modern Art Sextet , lösen sich alle Vorurteile von ihrer elfenbeinturmhaften Unzugänglichkeit in Wohlgefallen auf. Im kleinen Konzerthaus-Saal fand sie gespannte Aufmerksamkeit und lebhaften Beifall. Als spröde konnte allenfalls „Yokohama“, ein im Auftrag dieser Stadt geschriebenes Werk von Jo Kondo, gelten: ungerührt schreiten zwei Violinen, Bassflöte und Klavier von einem endlos gedehnten Klang zum nächsten, in teils unangenehm scharfen, engen Mixturen.

Dramaturgisch schlüssig dagegen, wie Charlotte Seither die Besetzung „Klaviertrio“ gegen den traditionellen Wohlklang der Gattung ausformt: stumpfe, gedrückte Klänge des vielfach präparierten Klaviers provozieren heftige Ausbrüche der ansonsten leise vor sich hin flüsternden und knisternden Streicher. Auch in „Cimes murmurées“ für Streichtrio von Nguyen Thien Dao sorgt Reduktion für Spannung. Mit unendlich zarten, immer wieder neu differenzierten Glissandi, Tremoli und melodischen Andeutungen erzeugt der von Olivier Messiaen in Paris ausgebildete Vietnamese das im Titel angedeutete „Wipfelrauschen“. Entgegen solcher Poesie erfüllt Thierry Blondeau das Konzertmotto „Linie und Klangfeld“ mit der kühlen, rhythmisch ausgefeilten Konstruktion seines „Kreuz und quer“, führt Rebecca Saunders in ihrem „Duo für Violine und Klavier“ die Gravitationskraft eines einzelnen Tones zwischen hektischen Aktionen vor. Das Ensemble-Auftragswerk „Gesänge der Unruhe“ von Sidney Corbett wiederum versucht über solche Abstraktion hinaus zu gehen, indem es nach zerrissen auffahrenden, dann wieder irisierend leuchtenden Klängen mit der letzten süßen Violinkantilene behauptet: „Im Geigenton ist Menschenlaut“.

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