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Kultur: Geliebter Klon

Forum (2): „Teknolust“ von Lynn Hershman Leeson

Die Britin Tilda Swinton ist eine der wenigen SchaupielerStars, die das Schaffen unabhängiger Filmemacher seit Jahren treu begleiten. Ihr fragiles Gesicht scheint Jahrhunderte britischer Adelsgeschichte durchscheinen zu lassen und ist doch so leer, dass es alles bedeuten kann und nichts: wie geschaffen also für die multiple Replikanten-Rolle, die ihr Lynn Hershman Leeson in ihrem neuesten Film auf den Leib geschrieben hat. Drei weibliche Klone in den drei Primärfarben - und von höchst unterschiedlichem Charakter - hat die Biogenetikerin Rosetta Stone (natürlich auch Swinton) aus ihrer eigenen DNS geschaffen und in den vagabundierenden Datenströmen installiert: private Liebhaberei und veritable wissenschaftliche Leistung, doch schnell auch ein Kriminalfall. Denn zum Überleben brauchen die Mädchen ausgerechnet Sperma, das sie sich durch Samenraub auf gezielten Beutezügen in der Außenwelt verschaffen.

Vielleicht ist der Titel von Hershmans Film ja programmatisch. Denn nach einigen eher schwergewichtigen Anstrengungen, die sich mit den Möglichkeiten digitaler Cyber-Welten auseinandersetzten, hat die amerikanische Videokünstlerin in ihrer „chemischen Komödie“ auf spielerisch unterhaltsame und auch deftige Kost gesetzt. „Teknolust“ ist Parodie klassischer Wissenschaftsfilme wie Sci-Fi-angehauchtes Spiel mit den Ebenen künstlerisch und medial vermittelter Realitäten. Denn Klone sind auch nur Menschen. Wo Sperma gesucht wird, lauert oft die Liebe. So steht am Ende dieser hübschen Geschichte ein erstaunlich familienwertiges Happy-End.S.H.

Heute 19.15 Uhr (Delphi), morgen 15.30 Uhr (Cinemaxx 3), Montag 14.30 Uhr (Arsenal), Montag 22.30 Uhr (Babylon)

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