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Kultur: Geliehener Glanz

Eine

von Nicola Kuhn

Die Staatlichen Museen zu Berlin im Glück. Fast jede Woche können sie ein anderes Haus eröffnen: das Kunstgewerbemuseum im Schloss Köpenick, das Fotografiemuseum unter einem Dach mit der Stiftung Helmut Newton, die Dauerausstellung des Ethnologischen Museums in Dahlem, und die MoMAAusstellung in der Neuen Nationalgalerie meldet regelmäßig Besucherrekorde. Ereignis des Jahres wird schließlich die Eröffnung der Flick Collection im September sein. Eine Bilanz der Superlative. Doch gänzlich ungetrübt ist die Freude daran nicht. Trotz glanzvoller Auftritte macht die Stiftung Preußischer Kulturbesitz derzeit keine gute Figur.

Vor Gericht endete jetzt eine Rangelei um die Eintrittspreise für die MoMA-Schau (Tagesspiegel vom 27. Juni). Ein Ehepaar hatte erfolgreich dagegen geklagt, dass es mit seiner Jahreskarte Plus, die auch Sonderausstellungen umfasst, nicht in den Mies van der Rohe-Bau eingelassen wird. Das Gericht gab ihnen zwar Recht, sie brauchen kein zusätzliches Ticket zu erwerben, doch müssen sie sich nun hinten in der Schlange anstellen. Der VIP-Eingang steht ihnen erst wieder offen, wenn sie den halben Eintrittspreis zahlen. Begründung der Generaldirektion für diese kleine Disziplinarmaßnahme gegenüber renitenten Jahreskarten-Besitzern: Die MoMA-Schau sei keine Sonderausstellung der Staatlichen Museen, sondern eine Veranstaltung des Vereins der Freunde der Neuen Nationalgalerie.

Was wie reine Willkür klingt, erklärt sich aus der Gemengelage mit den Förderern des Hauses, die das teure Kunstvergnügen aus eigener Schatulle zahlen. Die MoMA-Ausstellung ist in zweifacher Hinsicht geliehener Glanz: die Kunst kommt aus Übersee, das dafür nötige Geld aus anderer Leute Portemonnaie. Die Stiftung stellt nur noch die Räume bereit.

Ähnlich liegt der Fall bei Flick, und wieder wird es kompliziert. Der Kunstsammler und Erbe des Vermögens vom größten Rüstungslieferanten Hitlers gibt für sagenhafte sieben Jahre seine Bilder nach Berlin. Als Morgengabe zahlt er darüber hinaus den Umbau der neben dem Hamburger Bahnhof gelegenen Rieck-Hallen. Wieder stehen die Staatlichen Museen vornehmlich assistierend dabei. Anders lässt sich nicht erklären, warum sie in der heißesten Debatte seit Jahren über das Verhältnis von öffentlicher Hand und Privatsammlern, angeheizt durch Fragen der Provenienz von Kunstbesitz, nicht deutlicher Stellung beziehen. Das Glück der Staatlichen Museen hat einen Preis, der nur bei unschönen Gerichtsfällen und öffentlichem Schlagabtausch zu Tage tritt: Abhängigkeit von Wünschen der Sammler und Freundeskreise – und Verlust von Verbindlichkeit.

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