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Opern, Beerdigungen, Telefonschleifen und Erotikläden: Die Einnahmen der Gema sind vielfältig.

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Gema-Gebühren: Von der WG-Party bis zur Oper: Wer alles Gema bezahlen muss

WG-Parties, Klassikkonzerte, Kinobetreiber: Nicht nur Clubs zahlen Abgaben. Wer noch alles Gema zahlen muss und was das für die Betroffenen bedeutet - ein Überblick.

Der Kollege hat sich ordentlich geärgert. Zur Geburtstagsparty hatte er neben 70 Gästen auch einen Pianisten eingeladen, der die Musik zum Fest spielte. Ein paar Wochen später flatterte dem Kollegen eine Rechnung der Gema ins Haus.

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte treibt Geld von all jenen ein, die musikalische Werke öffentlich nutzen. Als Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte handelt sie im Namen von Komponisten, Textdichtern und Verlegern. Für die Rechte von ausübenden Musikern ist die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) zuständig. 825 Millionen Euro hat die Gema 2011 im Auftrag ihrer 66 000 Mitglieder eingenommen. Der Blick auf die 137 verschiedenen Tarife verdeutlicht, wo überall beim Musikhören Gebühren anfallen: Es gibt Regelungen für die Verwendung von Musik in Kurorten, in Gottesdiensten, in Erotiklokalen, Friseursalons, Narrenvereinigungen, Flugzeugen, in Telefonwarteschleifen und bei Bestattungen. Am meisten erhält die Gema durch Abgaben der Radio- und Fernsehsender. 2011 waren das 262 Millionen Euro. Die Höhe der monatlichen Abgaben hängt vom Musikanteil und der Größe des Hörer- und Zuschauerkreises ab.

Gema-Gebühren bei klassischen Konzerten "angemessen"

Auch wer klassische Musik aufführt, zahlt an die Gema. Auf den ersten Blick ist das verwunderlich, da viele Stücke des klassischen Repertoires aus der Feder von Komponisten stammen, die seit mehr als 70 Jahren tot sind – damit ist das Urheberrecht eigentlich erloschen, und es fallen keine Gema-Gebühren an. In der Praxis sieht das allerdings anders aus. Das Deutsche Symphonie-Orchester in Berlin etwa hat mit der Gema vereinbart, dass es, unabhängig vom Urheberrecht, für jedes Konzert einen Pauschalpreis zahlt. Denn häufig fallen neue Urheberrechte an: Wenn ein Künstler ein altes Stück bearbeitet, gilt er als Urheber der Neuinterpretation und hat Anspruch auf Tantiemen. Der Eintrittspreis wird mit der Größe des Raums verrechnet; für ein Symphoniekonzert fallen pro Abend ungefähr 1600 Euro für die Gema an, also drei Prozent der Einnahmen. 2011 zahlte das DSO um die 70 000 Euro.

„Das ist eine relevante, aber angemessene Summe“, findet DSO-Geschäftsführer Sebastian König. Wer eng mit den Komponisten zusammenarbeitet, weiß viel eher, wofür er diese Abgaben zahlt, als der, der auf einer Party Madonna-Hits vom Band laufen lässt. Außerdem: „Anders als Popmusikmacher erhalten Urheber klassischer Musik sowieso keine hohen Gagen. Da ist es nur fair, wenn sie von der Gema etwas bekommen“, urteilt Sebastian König.

Für Kino-Betreiber kann es teuer werden

Auch Privatfeiern müssen Gema-Abgaben zahlen, insofern ihre Besucher eine bestimmte Anzahl überschreiten.
Auch Privatfeiern müssen Gema-Abgaben zahlen, insofern ihre Besucher eine bestimmte Anzahl überschreiten.

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Urhebern stehen auch Tantiemen zu, wenn ihre Werke in Filmen verwendet werden. Nachdem der Filmproduzent mit dem Komponisten geregelt hat, ob er dessen Musik verwenden darf, sind nicht die Verleiher, sondern die Kinobetreiber als Veranstalter in der Pflicht, Gema-Gebühren für die Aufführung des Films zu zahlen. Verrechnet wird, wie viele Sekunden das Stück zu hören ist, und wie häufig der Film gezeigt wird. Die Kosten belaufen sich auf ein Prozent des Nettokinokartenumsatzes aus dem Vorvorjahr. Gerade für mittelständische Unternehmen sind diese Abgaben schmerzhaft: „Von dem jährlichen Betrag könnten wir locker eins unserer Kinos renovieren“, meint der Betreiber einer Berliner Kette, der nicht genannt werden möchte. Die Gema versuche, möglichst überall Gelder abzuzapfen, etwa für Onlinetrailer auf der Kinohomepage oder für Foyermusik vor und nach den Vorstellungen. „Da kommt sie ganz schön mit dem Brecheisen“, ärgert sich der Betreiber.

Ist die Party öffentlich oder privat?

Absurd kann es werden, wenn es um die private Party mit Liveband oder DJ geht. Gema-Zahlungen fallen eigentlich nur bei öffentlichen Feiern an. Was als öffentlich und was als privat gilt, ist aber nur schwammig definiert. Laut Urheberrechtsgesetz ist die Party öffentlich, wenn auch Gäste kommen, die nicht mit dem Gastgeber „durch persönliche Beziehungen verbunden“ sind. Das bedeutet: Bringen die Gäste eine Begleitung mit, die der Gastgeber nicht kennt, kann die Party als öffentlich eingestuft werden. „Ab einer Gästezahl über 70 Personen gehen wir nicht mehr davon aus, dass der Gastgeber alle Gäste persönlich kennt“, sagt ein Mitarbeiter der Berliner Gema-Bezirksdirektion.

Betriebs- und Vereinsfeiern sind öffentlich; auch wer seine Geburtstagsparty in einem angemieteten Raum feiert, in einem Restaurant oder einem Vereinsheim, ist besser beraten, wenn er sie bei der Gema anmeldet. Oft übernimmt das ohnehin der Vermieter, die Kosten muss der Gastgeber zahlen. Meldet man das Fest nicht bei der Gema, kann es zu Nachzahlungen und Schadensersatzforderungen kommen. Und plötzlich geht die Gema jeden an.

Video: Proteste der Gegner der Tarifreform vor dem Gema-Mitgliederfest Ende Juni

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