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Jubilar. Georg Baselitz vergangene Woche in der Fondation Beyeler.

© dpa

Georg Baselitz wird 80: Der Wilde, der Held

Geist der Opposition: Zum 80. Geburtstag von Georg Baselitz feiern zahlreiche Museen den großen Maler - auch die Galerie Contemporary Fine Arts in Berlin.

Wer mit Georg Baselitz über die Anerkennung seines Werks spricht, der wird irgendwann eine Suada zu hören bekommen: dass es ihm gegenüber immer noch an Wertschätzung fehle und insbesondere die Neue Nationalgalerie in Berlin bislang kein Bild von ihm angekauft habe. Man glaubt seinen Ohren nicht zu trauen, gehört doch Georg Baselitz zu den renommiertesten Gegenwartskünstlern der Republik. Zu seinem 80. Geburtstag an diesem Dienstag erweisen ihm denn auch zahlreiche Museen ihre Reverenz.

So präsentiert die Fondation Beyeler in Basel eine Übersichtsschau seiner Gemälde, das dortige Kunstmuseum zeigt seine Grafik, ebenso die Pinakothek der Moderne in München. Gewiss, in Berlin hat nur die Galerie Contemporary Fine Arts eine Hommage an den großen Künstler zustande gebracht, kein öffentliches Ausstellungshaus, obwohl er doch in der Mauerstadt seine ersten Erfolge feierte. Dafür ist die mit Leihgaben von Berliner Privatsammlern und Museen, wie der Berlinischen Galerie und der Kunsthalle Bielefeld, beschickte Mini-Retrospektive in der Galerie besonders sehenswert (Grolmannstr. 32/33, bis 3. März.).

Zum besonderen Charme der Berliner Schau gehört, dass sie sich in Georg Baselitz’ früherem Epizentrum in Charlottenburg befindet – unweit der Hochschule der Künste, der Paris-Bar und der Galerie Werner & Katz, wo 1963 die legendäre Beschlagnahmung von Baselitz' Gemälde „Große Nacht im Eimer“ mit der Darstellung eines onanierenden Jungen stattfand. Die aktuelle Ausstellung zeigt Werke aus allen Phasen: die traurigen „Helden“, bevor der Künstler seine Motive 1969 auf dem Kopf malte, die Remix-Bilder, mit denen er die Arbeiten der Frühzeit neu interpretierte, und die jüngste Serie mit fahlen Selbstbildnissen und Ganzkörperporträts, die offiziell sein Alterswerk bilden.

Mit eigener Kunstsprache

Baselitz braucht den Widerstand, er muss sich reiben, auch wenn die Schlachten um Anerkennung längst geschlagen sind. Bei den jährlichen Rankings internationaler Künstler wird er immer wieder auf den ersten Plätzen geführt, allerdings stets überflügelt durch Gerhard Richter, den anderen deutschen Großmaler. Baselitz’ Werk ist von Anfang an aus dem Geist der Opposition entstanden.

Mit 19 Jahren wechselte er in den Westen, nachdem er in Dresden von der Kunsthochschule relegiert worden war. In stoischer Anhänglichkeit benannte sich der 1938 in Deutschbaselitz geborene Hans-Georg Kern dennoch nach seinem sächsischen Heimatort. An der Berliner Hochschule der Künste angekommen, erlebte er den Boom der Abstraktion, die Ecole de Paris, die großen Amerikaner und schließlich den Höhenflug der Pop-Art. Gegen jede dieser Stilrichtungen trat er vehement an und etablierte seine eigene Kunstsprache, eine neue Form des Expressionismus. Mit den späteren Neuen Wilden, die wie er selber von den Künstlervereinigungen „Brücke“ und „Blauer Reiter“ inspiriert waren, wollte er dennoch nichts zu tun haben. Ähnlich wie die Expressionisten der Vorkriegszeit wechselte Baselitz später immer wieder zur Bildhauerei und schuf mit der Kettensäge ausdrucksstarke Holzskulpturen.

Baselitz poltert und bleibt sich treu

Aber erst mit den kopfüber gemalten Bildern stellte sich schließlich die Anerkennung ein. Hier wurde für viele erst sichtbar, wie intensiv sich da einer mit der Malerei auseinandersetzt, wie Georg Baselitz das konkrete Motiv einerseits negiert und sich andererseits in bester kunsthistorischer Tradition an den Genres Stillleben, Porträt, Landschaft abarbeitet. Erst im Nachhinein haben viele verstanden, was für eine Leistung bereits seine frühen „Helden“-Bilder darstellten. Mit ihnen begehrte der junge Maler, der als Kind die Nachkriegszeit und als Jugendlicher die beginnenden Repressionen in der DDR erlebt hatte, gegen die Elterngeneration auf und suchte doch seine eigenen Wurzeln.

Georg Baselitz ging es immer darum, an das Erbe deutscher Malerei anzuknüpfen und sich zugleich seine Unabhängigkeit zu bewahren. Dass er noch immer poltert und sich über fehlende Anerkennung beklagt, gehört zu dem ihm eigenen Gestus. Baselitz bleibt sich treu, mit nun 80 Jahren, mitten in seiner neuesten Arbeitsphase.

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