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Kultur: Gerechter Krieg?

Wenn es im vergangenen Jahrhundert einen gerechten Krieg gegeben hat, dann war es der Kampf gegen Hitler. Am Ende hoffte jeder deutsche Soldat, von den Amerikanern gefangen genommen zu werden, nicht von den Russen.

Wenn es im vergangenen Jahrhundert einen gerechten Krieg gegeben hat, dann war es der Kampf gegen Hitler. Am Ende hoffte jeder deutsche Soldat, von den Amerikanern gefangen genommen zu werden, nicht von den Russen. Trotzdem haben auch die Amerikaner im Zweiten Weltkrieg Verbrechen verübt. In dem Film "Der Soldat James Ryan" zeigt Steven Spielberg, wie nach der Landung in der Normandie deutsche Gefangene von den GIs zusammengetrieben und erschossen werden. So etwas kam vor. Auch den Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki kann man ein Verbrechen nennen; Rudolf Augstein hat es im "Spiegel" getan. War der Krieg der Amerikaner deswegen ungerecht? War es falsch, gegen die Nazis und ihre Bündnispartner zu kämpfen? Nein.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Themenschwerpunkte: Krieg - Afghanistan - Bin Laden - Islam - Fahndung - Bio-Terrorismus Fotostrecke: Der Krieg in Afghanistan Es gibt keinen Krieg ohne Mord, mag der Anlass des Krieges auch noch so gerecht sein. Gesetze und moralische Grenzen, die in Friedenszeiten gelten, werden im Krieg permanent übertreten, und es sterben fast ausnahmslos Unschuldige. Nicht nur die Zivilisten, auch die Soldaten haben sich, bevor sie rekrutiert wurden, in der Regel nichts zuschulden kommen lassen. Außer, dass sie eine falsche Nationalität besitzen oder an eine falsche Sache glauben.

Bei den Amerikanern war es im Zweiten Weltkrieg verboten, Kriegsgefangene hinzurichten. Bei den Deutschen ließ man im Osten die Gefangenen planmäßig krepieren. Dieser Unterschied ist entscheidend - ob ein Land die Grundregeln der Menschlichkeit weiterhin achtet, auch wenn jeder weiß, dass solche Gesetze immer wieder übertreten werden, besonders im Krieg. Darauf kommt es auch jetzt an. In den USA fordern Kolumnisten in seriösen Medien einige Formen der Folter zu legalisieren. Wie sonst könne man aus einem Verdächtigen, der vielleicht einen Terroranschlag plant, die Wahrheit herausbekommen?

In der Ablehnung der Folter ist ein großer Teil der Welt, und hier muss man wirklich sagen: die zivilisierte Welt, sich einig. Es kommt dabei nicht auf die Konstruktion von Fällen an, sondern auf das Prinzip. Das Prinzip sind die Menschenrechte. Die Menschenrechte gelten für alle und überall, sie sind der Kern unseres Wertesystems. Mit ihrer Deklaration beginnt die Geschichte der Demokratie. Die islamistischen Fanatiker werfen dem Westen seinen Pragmatismus vor, seine Prinzipen- und Regellosigkeit. Wenn der Westen zu verstehen gibt, dass er es, sobald es hart auf hart kommt, nicht einmal mit seiner wichtigsten Idee ernst meint, gibt er den Fanatikern Recht.

Hinter der Forderung nach Legalisierung der Folter steht der Gedanke: Wer einen Krieg gewinnen will, muss skrupellos sein. Stimmt das? Die Demokratie ist der Skrupel als Staatsform. Deswegen ist der Krieg den Demokratien wesensfremd; selten haben Demokratien gegeneinander Krieg geführt. Aber wenn sie angegriffen wurden, haben die Skrupulösen gegen die Skrupellosen meistens gewonnen.

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