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Kultur: Gerichtsfernsehen: "Der Richter kann die Kamera ausschließen"

Karl-Ulrich Kuhlo (53) ist Aufsichtsratsvorsitzender des Nachrichtensenders n-tv. Der Sender will das Verbot in Karlsruhe kippen.

Karl-Ulrich Kuhlo (53) ist Aufsichtsratsvorsitzender des Nachrichtensenders n-tv. Der Sender will das Verbot in Karlsruhe kippen.

Sie haben Verfassungsbeschwerde eingereicht. Was ist Ihr Ziel?

Bisher sind per Gesetz Fernsehkameras und Radiomikrofone grundsätzlich von allen Gerichtsverfahren in Deutschland ausgeschlossen, während unsere Zeitungskollegen im Saal bleiben dürfen. Um dem Grundrecht auf Informationsfreiheit auch für das Fernsehen und die Fernsehzuschauer zur angemessenen Wirkung zu verhelfen, möchten wir den Grundsatz umdrehen: Fernsehen ist grundsätzlich zugelassen - natürlich mit einer Reihe von Einschränkungen.

Wie begegnen Sie der Befürchtung, dass Fernsehkameras in deutschen Gerichten das Verhalten von Angeklagten, Zeugen und auch von Richtern beeinflussen können? Urteile würden nicht im Namen des Volkes, sondern im Namen des Publikums gefällt.

Fernsehen ist heute Bestandteil des täglichen Lebens. Die Anwesenheit von Fernsehkameras wird das Verhalten von Anwälten oder Richtern nicht anders begleiten als die Anwesenheit von schreibenden Zeitungsjournalisten. Und wenn die Gefahr besteht, dass sich Angeklagte oder Zeugen durch Fernsehkameras beeinflussen lassen, dann hat der Richter die Möglichkeit, die Kameras bei empfindlichen Teilen des Verfahrens auszuschließen, so, wie auch heute schon die Öffentlichkeit zeitweise eingeschränkt wird. Dies gilt vorrangig für Strafprozesse. In fast allen anderen Rechtsbereichen besteht hier nur geringe Gefahr. Im Übrigen haben wir in Deutschland im Gegensatz zur Jury des US-Rechts so gut wie keine Laienrichter, die "Show", die wir von manchen US-Prozessen kennen, wird von gewissen Anwälten ja nicht für die Kamera gemacht, sondern um der Jury zu imponieren.

Sie betonen, dass es Ihnen nicht um den Rosenkrieg Becker gegen Becker, sondern um Bilder aus einem Verfahren wie gegen den Ex-Staatsratsvorsitzenden Krenz geht. Das eine ist aber nicht ohne das andere zu haben. n-tv will Journalismus, andere Sender, vor allem private, wollen Sensation. Bereiten Sie dem Boulevard-TV ein weiteres Forum?

Ganz klar: Schmutzige Wäsche in mehr oder weniger prominenten Scheidungsprozessen gehören nicht ins Fernsehen. Andererseits will ich nicht ausschließen, dass öffentlich-rechtliche wie private Fernsehjournalisten die neue Freiheit missbrauchen könnten, genauso, wie das bei Zeitungskollegen gelegentlich passiert. Und im Übrigen bleibt es ja dabei: Der vorsitzende Richter ist Herr des Verfahrens und kann auch Journalisten ausschließen.

Sollte das Bundesverfassungsgericht laufende Kameras in Gerichten billigen, welchen Prozess wird n-tv als ersten übertragen?

Das ist Sache der Redaktion von n-tv. Es entscheiden ausschließlich die Journalisten, welche Ereignisse berichtenswert sind, also auch, über welche Gerichtsverfahren in n-tv berichtet wird. Das ist nicht Sache der Geschäftsführung oder eines Aufsichtsratsvorsitzenden.

Sie haben Verfassungsbeschwerde eingereicht. Was i

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