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Gesprächsrunde: Todesgefahr

Solidarität für Abu-Jamal in der Akademie der Künste: Der afroamerikanischen Journalist und Schriftsteller sitzt seit 27 Jahren wegen angeblichen Polizistenmordes in einer Todeszelle im Gefängnis von Philadelphia.

Dass dieses Akademie-Gespräch im Saal am Pariser Platz kein Gespräch, sondern eine Solidaritätsveranstaltung und ein Aufruf ist, merkt man spätestens, als Robert R. Bryan aufsteht, um dem, was er zu sagen hat, mehr Nachdruck zu verleihen. Bryan ist der Hauptanwalt des afroamerikanischen Journalisten und Schriftstellers Mumia Abu-Jamal, der seit 27 Jahren wegen angeblichen Polizistenmordes in einer Todeszelle im Gefängnis von Philadelphia sitzt, die „kleiner ist als das Badezimmer der meisten Menschen“.

Obwohl das Todesurteil vor einigen Jahren in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wurde, schwebt Mumia Abu-Jamal noch immer in Todesgefahr, weil die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat. Wenn sich das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten in Kürze wieder mit dem Fall befasst, wird aber auch ein drittes Votum möglich sein: ein neuer Prozess, für den Abu-Jamal mit seinen Anwälten – unterstützt von einer breiten Solidaritätsbewegung – seit Jahren kämpft. Die Beweismittel beim ersten Verfahren waren dürftig, Manipulation aus rassistischen Gründen naheliegend. Nach nur 15 Tagen wurde das Urteil gesprochen, das – so Bryan – eigentlich schon vorher feststand. Der Rechtsanwalt ist von San Francisco nach Berlin gekommen, um von hier aus einen weltweiten Aufruf zu starten. „Wir brauchen Ihre Unterschrift“, sagt er. Der neue Präsident Obama hat zwar keinen direkten Einfluss, aber es ist offensichtlich, dass sich das Klima im Land verändert hat.

Danielle Mitterand, Stiftungspräsidentin der „Fondation France Libertés“, die Mumia Abu-Jamal erst vor wenigen Wochen besucht hat, berichtet von den drakonischen Haftbedingungen. Abu-Jamal darf von seinen Besuchern nicht berührt werden. Und sie erzählt davon, dass zwei Richter in Philadelphia überführt wurden, 1000 Personen aufgrund falscher Zeugenaussagen verurteilt zu haben – gegen Bestechungssummen von 2,6 Millionen Dollar, gezahlt von Unternehmen, die Haftanstalten unterhalten. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum hält ein Plädoyer gegen die Todesstrafe. Günter Wallraff trägt Zahlen vor, die einen anhaltenden Rassismus und eine absurde Inhaftierungspraxis in Amerika dokumentieren. Jeder dritte Afroamerikaner zwischen zwanzig und dreißig sitzt im Gefängnis oder ist auf Bewährung. Nach Wal-Mart und General Motors ist das – wie sagt man? – Gefängniswesen drittgrößter Arbeitgeber Amerikas.

Der Aufruf „Gerechtigkeit für Abu-Jamal in einem fairen Verfahren!“, von der Akademie der Künste zusammen mit dem P.E.N.-Zentrum Deutschland verfasst, fordert außerdem eine Ächtung der Todesstrafe. Er wurde unter anderem von Ingo Schulze, Günter Grass, Ulrich Matthes, Franz Müntefering und Christa Wolf unterzeichnet. Andreas Schäfer

Weitere Informationen: www.adk.de

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