zum Hauptinhalt

Kultur: Gesundheitspolitik: "Die Kartelle müssen entmachtet werden." Was Ex-Minister Seehofer für richtig hält - ein Interview

Horst Seehofer (52)sitzt für die CSU im Bundestag und ist Vize-Chef der Unionsfraktion. Von 1992 bis 1998 war erGesundheitsminister.

Horst Seehofer (52)sitzt für die CSU im Bundestag und ist Vize-Chef der Unionsfraktion. Von 1992 bis 1998 war erGesundheitsminister.

Herr Seehofer, macht Ihre Nachfolgerin, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Fehler?

Sie erklärt immer nur, was sie nicht vorhat. Sie kritisiert die Opposition, die Grünen und den eigenen Wirtschaftsminister, aber sie sagt nicht, was sie selbst will.

Was Frau Schmidt zum Beispiel nicht will, ist eine große Gesundheitsreform, die Jahrhundertreform.

Eine Reform, deren Name suggeriert, dass sie für ein ganzes Jahrhundert reichen wird, die erwartet auch niemand. Wir brauchen aber eine Reform der Strukturen.

Wie soll die Strukturreform aussehen?

Drei Punkte: Die Ärzte müssen besser ausgebildet werden; praxisorientierter als jetzt.

Das wird zunächst Geld kosten.

Zweitens: Die Kartelle der Krankenkassen, Ärzte und Krankenhäuser müssen entmachtet werden.

Welche Kartelle?

Alle Krankenkassen schließen gemeinsam ihre Verträge mit den Ärzten ab, die ebenfalls geschlossen als Kassenärztliche Vereinigungen verhandeln. Wir brauchen aber einen Wettbewerb, vor allem um die richtigen medizinischen Problemlösungen. In der Medizin gibt es schließlich verschiedene Ansichten. Die dritte Forderung: Der Patient soll mitreden können, zum einen in den gesundheitspolitischen Gremien, zum anderen als Beitragszahler, der die Höhe seines Beitrages und damit über seine versicherten Leistungen bestimmt.

Was halten Sie davon, wie bei der Rente einen Teil der Kosten durch eine private Vorsorge zu finanzieren?

Zum Beispiel die Absicherung von Risikosportarten wie Fallschirmspringen ist keine Aufgabe der Krankenkassen. Das muss künftig privat versichert werden. Und wo bei medizinischen Leistungen zwischen Standard und Luxus unterschieden werden kann, da muss auch unterschieden werden zwischen einer Regelleistung, die die Kasse bezahlt, und einer Wahlleistung, die zu Lasten des Versicherten geht. Das wird wahrscheinlich aber nur beim Zahnersatz gehen.

Welche Fehler der letzten Regierung mit Ihnen als Gesundheitsminister haben dazu geführt, dass die Sozialsysteme heute dermaßen belastet sind?

Den Paradigmenwechsel weg vom staatlichen Eingreifen hin zu mehr Selbstbeteiligung, den ich heute fordere, habe ich 1996 mit der damaligen Gesundheitsreform ja selbst eingeleitet.

In der aktuellen Kosten-Nutzen-Weltrangliste der Weltgesundheitsorganisation WHO liegt Deutschland auf Platz 25. Durchschnittlichen Leistungen und durchschnittlicher Gesundheit stehen vergleichsweise hohe Ausgaben gegenüber.

Solche Statistiken sind nicht sehr aussagekräftig. Sie lassen zu viele Dinge außer Acht.

Sind Einsparungen im System möglich, die nicht zu Lasten der Qualität gehen?

Ja, sicher. Die Optimierung wird eine Daueraufgabe bleiben. Aber wir werden künftig mehr Geld wegen der Alterung unserer Bevölkerung und für den medizinischen Fortschritt brauchen, als wir, wie Frau Schmidt glaubt, durch Einsparungen frei bekommen.

Herr Seehofer[Ges], macht Ihre Nachfolgerin[Ges], heit

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false