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Kultur: Gewaltfragen

Eine Diskussion in der Topographie des Terrors

Zum Auftakt der Veranstaltungen im Neubau der Topographie des Terrors war der Saal am Sonntagabend bestens gefüllt. Es ging um „Popularität und Terror des NS-Regimes“ , in einer weniger kontroversen als nuancierten Debatte, denn die Positionen der Historiker Ian Kershaw, Eberhard Jäckel, Peter Steinbach und Michael Wildt liegen nahe beieinander. Kershaw hatte bereits in seiner Hitler-Biografie die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung hervorgehoben, „dem Führer entgegenzuarbeiten“, auch Steinbach sieht große Übereinstimmung, während Jäckel davor warnte, die Zustimmung zum Regime zu überschätzen. Wildt betonte, wie sehr gerade in der Anfangszeit die Nazis vor Ort „den Führerwillen durch Gewalt auszuführen“ bereit waren. Laut Steinbach bleibt die Frage, „warum Gewalt so weitgehend akzeptiert wurde“. Die in der Wissenschaft viel diskutierte These der „kumulativen Radikalisierung“ des Regimes und seiner Anhänger fand bei den Diskutanten keinen Zuspruch. Jedoch, so Wildt, „nicht alle Zuschauer sind Täter, aber sie sind Teil des Gewaltzusammenhangs“.

Die wissenschaftlich nicht haltbare Goldhagen-These eines im deutschen Volk verwurzelten, „eliminatorischen“ Antisemitismus kam nicht zur Sprache, leider auch nicht Götz Alys Untersuchung zu „Hitlers Volksstaat“. So blieb die materielle Komplizenschaft der Bevölkerung unbeleuchtet, erst recht das heikle Verhältnis des frühen NS-Regimes zum stalinistischen Terror ab 1930. Da genügte Kershaws Bemerkung, das sei „die Frage des Historikerstreits“. Am Mittwoch geht es weiter in der Topographie, mit einer Diskussion über „Hitlers Charisma“, aus Anlass von Ludolf Herbsts neuem Buch (20 Uhr). Bernhard Schulz

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