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Kultur: Gewöhn dich dran

„Viel Lärm um nichts“ beim Theatertreffen

Es ist eines der Shakespeare’schen Party-Stücke, von denen es – bei hellerem als Bühnenlicht betrachtet – erstaunlich viele gibt. „Ein Sommernachtstraum“, „Was ihr wollt“ und insbesondere „Viel Lärm um nichts“ gehören in diese Kategorie der feuchten, aber nicht immer nur so fröhlichen Komödien. Vielleicht war Theater zu Shakespeares Zeiten überhaupt eine lustigere, entspanntere Angelegenheit als heute, mit heißen und kalten Büfetts und Getränken, Raufereien und Small-Talk schon während der Vorstellung. Wobei man sagen muss: Beim Berliner Theatertreffen funktioniert diesmal die Idee vom offenen Festspielhaus.

Ob Shakespeare, er war auch kein schlechter Theaterunternehmer, das Catering erfunden hat, kann jetzt nicht geklärt werden. Sicher aber ist die Screwball-Comedy einige Jahrhunderte älter als Hollywood. „Viel Lärm um nichts“ (Much Ado about Nothing) liefert den schlagenden Beweis in Gestalt des ewig zankenden und zickenden Pärchens Beatrice und Benedict. Schon die Namen: Sie ist mitnichten eine sanfte Dante’sche Muse („Es ist schon viel gewonnen, wenn ein Mann den Raum verlässt“) und er ebenso wenig ein Schönredner (auf Rose kann er bloß spannende Hose reimen usw.). Christiane von Poelnitz und Joachim Meyerhoff machen in Jan Bosses Burgtheater-Inszenierung ein gutes rhetorisches Fässchen auf, man könnte viel mehr vertragen von dieser Giftspritzerei.

Aber Bosse hat es eilig. Zwei Stunden, und die Party ist gelaufen, und alle machen doch noch eine gute Partie, auch Hero und Claudio (Dorothee Hartinger und Christian Nickel, einst Faust und Gretchen bei Peter Stein) kriegen sich nach diesem Liebesblitzkrieg, während die Bühnenarbeiter bereits die Stranddekoration von Stéphane Laimé abräumen. Eine gute Komödie hat immer auch etwas von einer Backstage-Comedy, das trägt Bosse ein bisschen dick auf .

Dafür wirkt die Vorgeschichte unterbelichtet. Die Claudios und Bendedicts kommen nämlich von einem Schlachtfeld in Leonatos künstliches All-inclusive-Paradies, werden in Zinksärgen an der Rampe abgesetzt. Aber das ist es dann auch: nur ein fahler Regieeinfall. Soll man im Ernst glauben, dass die Kerle solche kalauernden Machos sind, weil der Krieg sie verdarb? Ach was, Krieg ist Krieg, Party ist Party, und Shakespeare ist Shakespeare: Böser Spielwitz und Intrigenlaune brauchen keine Begründung. Man kann es einfach Theater nennen, das sonst so kritische Publikum im Berliner Festspielhaus nahm die Leichtigkeit der Wiener dankbar an.

Ist das der neue Stil? Die Figur des Leonato ist interessant. Martin Reinke spielt den Gastgeber als generös-geduldigen, ergrauenden Ehrenmann (der kurzzeitig ausrastet, als seine Tochter Hero sich angeblich als Hure entpuppt). Leonato trägt in sich den Keim der Tragödie, er scheint die ganze kurze Spielzeit über etwas zu verschweigen. Um ihn herum wuseln die präpotenten Partyjungs, die vor jeder halbwegs ernsthaften Konfrontation locker sprücheklopfend davonlaufen. Aber: kein Generationendrama bei Bosse, auch kein Männer-Frauen-Psycho-Gemetzel. Gewöhn dich dran, faucht Beatrice. Diese Schauspielergesellschaft hat viel Spaß aneinander – wem das zu wenig Liebesmüh ist, auf den warten Gotscheff und Gosch.

Rüdiger Schaper

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