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Kultur: Giraffe im Himmel

GENERATION K PLUS Optimismus für Kinder in schweren Zeiten.

Von Susanna Nieder

Papa randaliert, Jojo kennt das schon. Später schleicht er sich hinunter, schaufelt Spaghetti vom Boden in den Mülleimer, kratzt Tomatensoße von der Wand. „War schon schlimmer“, sagt der Neunjährige zu seiner zahmen Dohle.

Was ist los mit Jojo (Rick Lens) und seinem Vater (Loek Peters)? Warum erzählt Jojo seiner Mutter am Telefon, dass es zu Hause besser sei, als es wirklich ist? Warum hört man nie ihre Antwort? Vater und Sohn leben nebeneinander her – bis es irgendwann richtig kracht. „Kauwboy“ von Boudewijn Koole erzählt leise und berührend, dass ein schrecklicher Verlust nur verkraftet werden kann, wenn man sich dem Schmerz stellt.

Auch dieses Mal überwiegen in der Sektion Generation Kplus die Filme, in denen Kinder mit Schicksalsschlägen fertig werden müssen. Doch die meisten erzählen so, dass es auch mal was zu lachen und zu staunen gibt – und vor allem: Trost. „Gute Chancen“ von Nicole van Kilsdonk, in dem sich die zehnjährige Kiek ausrechnet, dass ihr Vater aus dem Kriegseinsatz zurückkommt, wenn ihre zwei Haustiere sterben, und „Der Eisdrache“ von Martin Högdahl, in dem der zehnjährige Mik eine neue Familie braucht, beschönigen ihre schwierigen Themen nicht, bleiben aber nah an den Kindern und ihrer Weltsicht.

Ein besonderer Beitrag ist „Meeresspiegel“ von Kamila Andini. Die elfjährige Pakis lebt in einem indonesischen Pfahldorf im klaren Meer und muss lernen, den Tod ihres Vaters anzunehmen. Großartige Bilder sind das – ein Cineastenfilm für Kinder. „Gattu“ von Rajan Khosa ist ein modernes indisches Märchen. Gattu kennt nur ein Ziel: der beste Drachensteiger zu werden. Da er dazu auf die Terrasse der Schule will, klaut er sich eine Schuluniform und landet im Unterricht, ohne lesen und schreiben zu können. Was folgt, ist ein witziger, spannender, ganz und gar optimistischer Film, der Jubel im Kinosaal auslösen wird.

Absolut empfehlenswert ist auch der französische Zeichentrickfilm „Zarafa“, eine Abenteuergeschichte aus dem 19. Jahrhundert, die einen Jungen, einen Beduinen, einen Erfinder und eine Giraffe im Heißluftballon übers Mittelmeer schickt. Und „Lotte und das Geheimnis der Mondsteine“ aus Estland ist ein schöner, bunter Zeichentrickfilm für die Kleinsten.

Hart dagegen ist der bolivianische Beitrag „Pacha“ von Héctor Ferreiro, ein komplexer Film, in dem man die Hauptperson, einen von der Gesellschaft mit Füßen getretenen Indiojungen, irgendwann in seinem Blut verrecken sieht – empfohlen ab 13 Jahren, zu verstehen frühestens ab 18. „Als hätte ich dich gehört“ von Kaori Imaizumi hat dasselbe Thema wie „Kauwboy“, doch hier ist das Ringen um heilende Trauer quälend langsam, die Verzweiflung des Vaters verstörend. „Nono“ von Rommel Tolentino ist chaotisch erzählt und manchmal hart an der Grenze des Erträglichen. Mit drei schwierigen und sieben empfehlenswerten von zwölf Beiträgen ist dies der beste Kplus-Jahrgang seit langem. Susanna Nieder

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