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Kultur: Glanz und Gloria

SOTTO VOCE Jörg Königsdorf gibt den Startschuss für die Konzertsaison Hauen wir an dieser Stelle ruhig mal ein bisschen auf die Pauke: Meine Damen und Herren, heute geht es wieder los! Stars ohne Ende werden Sie in den nächsten zehn Monaten nach Strich und Faden verwöhnen, Ihnen alle Kostbarkeiten der abendländischen Musik sozusagen auf dem Silbertablett kredenzen.

SOTTO VOCE

Jörg Königsdorf gibt den

Startschuss für die Konzertsaison

Hauen wir an dieser Stelle ruhig mal ein bisschen auf die Pauke: Meine Damen und Herren, heute geht es wieder los! Stars ohne Ende werden Sie in den nächsten zehn Monaten nach Strich und Faden verwöhnen, Ihnen alle Kostbarkeiten der abendländischen Musik sozusagen auf dem Silbertablett kredenzen. Thielemann! Rattle! Nagano! Barenboim! Stellen Sie sich schon mal darauf ein, wieder die Qual der Wahl zu haben – und das schon ab heute Abend, wenn Sie zwischen Simon Rattle in der Philharmonie und Eliahu Inbal im Konzerthaus entscheiden müssen. Und glauben Sie bloß nicht, dass diese Kolumne Ihnen die Entscheidung in irgendeiner Weise erleichtern wird.

Denn jetzt, sozusagen in allerletzter Minute, wird hier nochmal kurz gesagt, was bisher passiert ist und wo die Beteiligten stehen: Das Orchester der Komischen Oper zum Beispiel, das am Sonntag mit der Premiere der „Czardasfürstin“ seine Saison eröffnet: Wer hätte gedacht, dass der neue Chef Kirill Petrenko schon innerhalb der ersten Spielzeit soviel aus seinen Musikern herausholen würde? Petrenko ist vielleicht sogar der eigentliche Shooting Star der letzten Saison, auch wenn Ohr und Auge der Weltpresse natürlich auf Rattles Start bei den Philharmonikern lagen. Wie Petrenko in Oper und Konzert seine Interpretationen aus dem Geist des deutschösterreichischen Kapellmeistertums (aber ganz ohne die oftmals damit verbundene Pathos-Schlagseite) entwickelte, das war ebenso spannend wie Rattles Gigantenaufgabe, die Philharmoniker zur universell einsetzbaren Spezialistentruppe umzuerziehen und damit den Modellfall für das Orchester des 21. Jahrhunderts zu liefern. Wie weit er inzwischen damit gediehen ist, lässt sich heute und morgen anhand der Uraufführung der „Correspondances“ des französischen Komponisten-Doyen Henri Dutilleux nachprüfen, in der nächsten Woche dann schon mit einer konzertanten Aufführung von Mozarts „Idomeneo“.

Doch auch davon abgesehen hat sich eine ganze Menge getan: Die Staatskapelle konnte sich mit ihrem Konzertzyklus sozusagen als erstes Gesamtberliner Orchester etablieren und spielt ihre Konzerte in der Philharmonie genauso erfolgreich wie im Konzerthaus: Das erste Abo-Konzert mit Dutilleux’ zweiter Sinfonie und Beethovens Es-Dur-Klavierkonzert kündigt außerdem an, dass die Musiker der Lindenoper nicht in der Traditionspflege-Nische bleiben wollen, in die sie durch ihre weltweiten Beethoven-, Brahms- und Wagner-Gastspiele geraten sind. Und auch das Berliner Sinfonie-Orchester ist weiter im Aufwärtstrend: Die alte Musikergarde ist mittlerweile fast komplett in Rente, nachgerückt sind ausgezeichnete junge Solisten, die es dem Chefdirigenten Eliahu Inbal erlauben, zur Saisoneröffnung ein kniffliges Programm mit Messiaens Klavierkonzert „Oiseaux exotiques“ und Strawinskys „Sacre du printemps“ zu präsentieren.

Die Orchesterstadt Berlin in vollem Glanz und Gloria – kein Wunder, dass es im Sommer, abgesehen von etwas Barenboim-Gemotze über zu wenig Geld – ruhig geblieben ist. Keine Rücktrittsdrohungen oder Beinahe-Skandale, selbst für die liquidationsbedrohten Berliner Symphoniker sieht es inzwischen wieder besser aus – ihr Konzert am Sonntag im Konzerthaus gibt ihnen die Möglichkeit, auch ihren künstlerischen Stellenwert zu zeigen. Na dann mal nix wie los!

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