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Das Goethe-Institut in Istanbul.

© Bernhard Ludewig/Goethe-Institut

Goethe-Institut Istanbul: Deutschlehrer fordern höhere Honorare

Krach am Goethe-Institut in Istanbul: Die Deutschlehrer protestieren, weil sie sich unterbezahlt und überlastet fühlen.

Deutsch ist gefragt wie noch nie in Istanbul. Das Goethe-Institut in der türkischen Metropole kommt kaum nach mit der Einrichtung von Sprachkursen. Auch steigende Kurspreise haben das Interesse nicht bremsen können: Angesichts der Lage in der Türkei boomt das Deutschkurs-Geschäft. Nun könnte es allerdings einen jähen Einbruch geben. Weil sie sich unterbezahlt, überlastet und ausgebeutet fühlen, wollen die Deutschlehrer am Goethe-Institut Istanbul in den Streik treten. Das Institut will erst im nächsten Jahr mit ihnen über die Forderungen sprechen.

Rund 40 Honorar-Lehrkräfte beschäftigt das Institut zusätzlich zu vier Vertragslehrkräften. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium und eine Zusatzqualifikation für „Deutsch als Fremdsprache“ müssen diese Honorar-Lehrkräfte mitbringen und sich regelmäßig fortbilden. Pro Unterrichtseinheit, die aus 45 Minuten im Klassenzimmer und 45-minütiger Vor- und Nachbereitung besteht, bezahlt ihnen das Institut derzeit 50 Türkische Lira brutto – das ist ein Stundenlohn von neun Euro.

An staatlichen türkischen Hochschulen wie der Marmara-Universität bekommen freie Deutschlehrer 100 Lira. Nach Berechnung der Goethe-Lehrer ist die Kaufkraft ihrer Honorare seit 2004 auf ein Drittel ihres damaligen Wertes gesunken. Einen Kaffee auf der Dachterrasse des Instituts können sich die wenigsten Lehrer leisten, der kostet elf Lira.

82 Deutschkurse bietet das Institut derzeit an

Zudem werden die Lebensbedingungen am Bosporus immer schwieriger. Wegen Terrordrohungen musste das in der Innenstadt gelegene Goethe-Institut in diesem Frühjahr schon einmal schließen. Einige Lehrer haben das Land schon verlassen, mehrere bereiten derzeit den Umzug nach Deutschland vor.

Für die verbliebenen Lehrer steigt die Arbeitsbelastung: 82 Deutschkurse bietet das Institut derzeit an, viele davon Abend- und Wochenendkurse, für die das Institut einen Zuschlag von fünf Lira die Stunde zahlt. Die Lehrgänge sind überwiegend voll belegt mit bis zu 18 Teilnehmern pro Klasse. Insgesamt hat sich die Zahl der Kursteilnehmer am Institut – überwiegend Studenten, die an deutsche Hochschulen wollen – in den vergangenen vier Jahren verdoppelt.

Die höheren Kurspreise werden nicht an die Lehrer weitergegeben

Zwischen 800 und 1500 Lira liegen die Preise für einen achtwöchigen Kurs pro Teilnehmer derzeit. Der Standardkurs kostet 930 Lira und damit 21 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. An die Lehrer werde das nicht weitergegeben, klagen Mitarbeiter. Gespräche zwischen Vertretern der Honorarkräfte und der Institutsleitung über eine Honoraranhebung verliefen bisher ergebnislos – obwohl das Institut in einer aktuellen Ausschreibung für Lehrkräfte einräumt, es sei „schwierig, mit dem Honorar den Lebensunterhalt in Istanbul zu bestreiten“.

Verschlechtert hat sich die Stimmung nach Einschätzung von Mitarbeitern zudem seit Antritt einer neuen Leitung am Institut im Sommer und an der Sprachabteilung im Oktober. Die neuen Leiter pflegten gegenüber den Honorarkräften einen konfrontativen Stil und schienen noch weniger als ihre Vorgänger gewillt, auf die Anliegen der Lehrer einzugehen, sagen Mitarbeiter, die nicht genannt werden wollen.

Die Institutsleitung will erst 2017 über höhere Honorare sprechen

Institutsleiter Reimar Volker erklärte auf Anfrage, er dürfe sich zu Personalangelegenheiten nicht äußern. Die Honorare seien aber 2015 angehoben worden, Gespräche über eine weitere Anhebung seien für 2017 geplant. Den HonorarLehrkräften ist das zu wenig und zu spät. Um sich Gehör zu verschaffen, wollen sie die im Dezember beginnenden Kurse zumindest teilweise boykottieren. Zwar sind die meisten Lehrer dringend auf das Einkommen angewiesen, doch wollten viele auf mindestens einen Kurs verzichten, heißt es bei Mitarbeitern – damit müssten rund die Hälfte der angebotenen Kurse ausfallen. „Wenn die denken, dass wir bluffen, dann täuschen sie sich“, sagte eine Lehrkraft nach einem Treffen der Honorar-Lehrer. Für die Dezember-Kurse haben sich mit einer Ausnahme bisher keine Lehrer eingetragen.

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