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Kultur: Goethe-Institut: Ungeahnte Dimensionen

Schön ist das Haus der Bundespressekonferenz und angemessen für die Jahresbilanz des (überwiegend) bundesfinanzierten Goethe-Instituts. Nur die eigentliche Nachricht, die Vorstellung des neuen Generalsekretärs dieser wichtigsten Mittlerorganisation der Auswärtigen Kulturpolitik, fiel aus.

Schön ist das Haus der Bundespressekonferenz und angemessen für die Jahresbilanz des (überwiegend) bundesfinanzierten Goethe-Instituts. Nur die eigentliche Nachricht, die Vorstellung des neuen Generalsekretärs dieser wichtigsten Mittlerorganisation der Auswärtigen Kulturpolitik, fiel aus.

So konnte Joachim Sartorius - der nach vier Jahren nach Berlin zurückkehrt, um am 1. Januar 2001 die Leitung der Festspiele GmbH zu übernehmen - sich gestern im Glanz der Dankesworte von Goethe-Präsident Hilmar Hoffmann sonnen. Die Personalentscheidung blieb ungetroffen, weil das Präsidium des nunmehr mit Inter Nationes aus Bonn fusionierten Münchener Goethe-Instituts den Vollzug der Eintragung ins Vereinsregister abwarten will.

Der wahre Grund - so das Gerücht - ist allerdings der, dass sich die Präsidialen der nunmehr unter "Goethe Institut Inter Nationes" - ohne Bindestriche! - firmierenden Großinstitution unter drei Kandidaten noch nicht haben einigen können. Von Anfang an im Gespräch war Peter Sötje, bislang Alleinvorstand des auf die Medienarbeit spezialisierten Instituts Inter Nationes. Aus den Reihen der allein schon durch ihre regelmäßigen Ortswechsel im Beziehungsknüpfen erprobten Goethe-Institutsleiter hat sich Michael Kahn-Ackermann empfohlen; er leitet derzeit das Haus in Rom, fand zuvor aber mit der Bewältigung der schwierigen Leitung in Moskau Anerkennung. Den dritten Kandidaten, offenbar noch anderweitig in Diensten und daher um Diskretion bemüht, wollte keiner der Eingeweihten preisgeben.

Doch die Sachthemen, die Hoffmann gestern ansprach, verdienen gleichermaßen Aufmerksamkeit. Immerhin gibt es nach Jahren der Klage zumindest Aussicht auf längerfristige Besserung. In der zurückliegenden Dekade mussten 38 Institute geschlossen werden, 19 Eröffnungen waren zu vermelden. Dabei betrafen die Schließungen Institute an vergleichsweise kleineren und weniger bedeutenden Orten, die Neugründungen hingegen spiegeln die Prioritäten der deutschen Außenpolitik. Vier weitere Eröffnungen werden angepeilt: in Havanna, Algier, Teheran und Shanghai.Der Neuling in Shanghai wird von der zentralistischen Regierung überhaupt nicht gern gesehen, zumal das bestehende Pekinger Institut das einzige "aus dem Westen" darstellt.

Da es für die Neueröffnungen keine zusätzlichen Gelder vom Auswärtigen Amt gibt, müssen Mittel aus Umstrukturierungen gewonnen werden: Fünf ohnehin kleine Institute werden zu Ein-Mann-Betrieben heruntergestuft. Hoffmann unterstrich, es werde unter seiner Ägide keine weiteren Schließungen geben. Die Zahl von derzeit 135 Instituten in 72 Ländern darf man insofern als eine gewisse Richtgröße verstehen.

Durch die Fusion "wächst das Goethe-Institut in eine neue Dimension", so Hoffmann mit einem Unterton ungläubigen Staunens: Der Haushalt des Instituts, 55 Millionen Mark von Inter Nationes eingerechnet, erreicht 480 Millionen Mark. Die Goethe-Institute erwirtschaften davon durch Sprachkurse und Prüfungen im Ausland 60 und im Inland 80 Millionen Mark. Die Eigenleistungen, die also knapp ein Drittel des Gesamtetats ausmachen, konnten um immerhin 15 Millionen Mark gesteigert werden. Gleichwohl haben die Haushälter des Bundestages ein wachsames Auge auf die Finanzen: Die institutionellen Zuschüsse - nicht die Projektmittel - haben sie mit einer gleich 20-prozentigen Haushaltssperre belegt. Die Abgeordneten, die dem Goethe-Institut allzu großzügige Mittelverwendung unterstellen, sahen sich zudem durch einen kritischen Bericht des Bundesrechnungshofes bestärkt. Besonders übel stieß ihnen auf, dass Hoffmann sich durch einen Besuch beim Kanzler elf Millionen Mark auf dem Direktweg besorgt hatte, um die drohende Schließung von 19 Instituten abzuwenden - so traf es am Ende "nur" neun Filialen.

Bei der gestrigen Jahrespressekonferenz war in der Tat verdächtig viel von "neuen Haushaltssystematiken" die Rede, die den ungünstigen Eindruck über die Aufteilung zwischen Personal- und Projektmitteln korrigieren sollten, nichts hingegen über die personelle Ausstattung - allein die Münchner Zentrale beschäftigt rund 300 Mitarbeiter - und die Dotierung, die bei Institutsleitern an bevorzugten Standorten wie Paris oder New York durchaus respektabel genannt werden darf.

Von Inhalten wurde gestern nicht die gesprochen. Das Goethe-Institut hat seinen Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt nach der Fusion soeben erneuert. Es wird auch in Zukunft "keinen unmittelbaren Einfluss der Regierung auf die Programmgestaltung" geben. Wie es um das derzeitige Verhältnis zum Geldgeber bestellt ist, blitzte auf, als Hoffmann den Außenminister aus gemeinsamen Frankfurter Zeiten mit "Joschka" zitierte. Möge es nützen.

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