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Kultur: Grass & Bohlen

Frankfurter Buchmesse: Meinungsfreiheit für alle

Das Schöne und Krasse an einer Buchmesse ist das vielstimmige Neben- und Miteinander, das gewaltige Gefälle von High und Low, das in den Frankfurter Messehallen problemlos bewältigt und ausgehalten wird. Um 11 Uhr sitzen am Freitagvormittag vier türkische Verleger auf einem Podium im Gastland-Forum und tauschen ihre Erfahrungen mit der Meinungsfreiheit aus. Es sind lange Monologe, die die Herren halten, über die vom Staat aufoktroyierte Meinungsfreiheit, über Selbstzensur, Meinungsfreiheit, wie sie die Islamisten verstehen, die türkische Mentalität und mehr. Schließlich beginnt Ragip Zarakolu seinen Vortrag mit den Worten: „Ihnen schwirrt sicher der Kopf von dem ,Dauerthema Meinungsfreiheit in der Türkei’. Aber das Wichtigste ist, das wir die Polizeistationen aus den Köpfen herausbekommen.“

Auch Günter Grass hat ein paar Gänge weiter auf dem Blauen Sofa so seine typischen Grass-Gedanken zur Meinungsfreiheit in Zeiten der Finanzkrise: „Was für eine Heuchelei“, schimpft er, „vor Jahren konnten sie alle nicht genug Neoliberalismus bekommen. Und wer vor ihm warnte, wurde als Gutmensch abgekanzelt“. Dann bekommt Reich-Ranicki sein Fett weg: Im „Literarischen Quartett“ habe er die Literaturkritik „trivialisiert“ und mit „großem Geschrei“ eine „Ein-Mann-Show“ inszeniert.

Wieder eine Halle weiter erzählt Dieter Bohlen, dass Grass ihm noch nie ein Buch geschickt habe. Dafür junge Menschen, die ihn fragten, wie sie ihre Bücher vermarkten könnten. Der Auftritt von Bohlen ist purer Boulevard, modernstes Smalltalking, minimalste Halbwertszeit. Bohlen vermarktet sein Buch „Der Bohlenweg“. Der geht so: Disziplin und Bildung. Denn, so Bohlen, das könne einem niemand nehmen, auch keine Finanzkrise. Darauf einen Schlüpferstürmer. In Halle 6 verteilt derweil die Gewerkschaft der Schriftsteller der Türkei eine Erklärung. Darin heißt es, dass die Türkei auch in den Buchmesse-Tagen Schriftsteller, Journalisten und Verlage belangt und verfolgt. Gerrit Bartels

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