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Grissemann & Stermann: Speichelfäden in der Buttermilch

Bier macht nass - gesammelte Werke von Christoph Grissemann und Dirk Stermann.

Gesammelte Werke – das weckt Assoziationen an ein schmuckes Ehrengrab mit Lorbeerkranz, an ewige Friedhofsruhe. Dabei gibt es derzeit kaum Lebendigeres auf den Kabarettbühnen im deutschsprachigen Raum als das deutsch-österreichische Duo Dirk Stermann und Christoph Grissemann. Von ihnen erscheint jetzt „Speichelfäden in der Buttermilch. Gesammelte Werke I“. Es ist schon jetzt, ohne Übertreibung, die komischste Buchveröffentlichung in diesem Jahr.

Sprachwitzig, zuweilen bitterböse und immer bar jedes verlogenen Respekts sind Stermann und Grissemann schon seit Jahren praktisch überall im Grenzgebiet von Klamauk und Kabarett unterwegs: im Fernsehen („Willkommen Österreich“, ORF), im Kino („Immer nie am Meer“), auch als Buchautoren (u. a. „Debilenmilch“) sowie im Internet und natürlich auf der Bühne. Angefangen aber haben die kongenialen Satiriker im Radio. In Österreich heute landesweit vergöttert, verhasst oder verklagt, waren sie in Deutschland lange Zeit vor allem den Berlinern ein Begriff: Seit 13 Jahren läuft auf Radio Eins allsonntäglich ihre „Show Royale“. Da sie zudem bereits seit 1991 im österreichischen Rundfunk zu hören sind, hat sich viel Material angesammelt. Die „Gesammelten Werke I“ enthalten daher auf 700 Seiten alle ihrer jemals für das Radio geschriebenen Texte.

So kann man sich nun also lesend statt hörend vertiefen in die ebenso krawalligen wie urkomischen Reisetagebücher, in denen die Autoren in aller Liebenswürdigkeit miteinander umzugehen wissen: „Liebes Tagebuch, wir sind mit dem Flugzeug abgestürzt. Stermann hat dem Piloten trotzdem applaudiert.“ Oder: „Als Dante die Hölle beschrieb, da musste er unvollständig bleiben, weil Grissemann noch nicht auf der Welt war.“

Wiederzuentdecken ist die „Fromme Gemüselyrik“, und man lernt zudem, dass es sich mit einem Liter Bier schlecht abtrocknen lässt. Man kann das titelgebende Hörspiel „Speichelfäden in der Buttermilch“ in aller Ruhe nachverfolgen und erfährt, wie es früher so zuging: „Als wir noch nicht durch Funk und Fernsehen kaputtgemacht geworden sind, hielten wir uns oft in Hallenbädern auf, gegenseitig. Wenn einer irgendwas vorhatte, hielt der andere ihn auf.“ Aber gerade weil es die rechtsnationale FPÖ schon so oft erfolglos versucht hat, ist es schwer vorstellbar, dass sich die beiden Satiriker so schnell aufhalten lassen werden. Dennis Grabowsky

Christoph Grissemann, Dirk Stermann: Speichelfäden in der Buttermilch. Gesammelte Werke I. Tropen Verlag, Stuttgart 2011. 698 Seiten, 18 €.

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