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Kultur: Große Eintracht

SPD: wenig Spielraum für die eigene Kulturpolitik

Die schillernden Zeiten des Staatsministers für Kultur und Medien beim Bundeskanzler (BKM) sind vorbei. In der Großen Koalition, wo das Amt nach sieben Jahren SPD-Dominanz erstmals an die CDU gefallen ist – in der Person von Bernd Neumann –, tut sich die Sozialdemokratie mit der Profilierung noch schwer. So geriet das gestrige Pressegespräch, zu der Monika Griefahn als Kulturpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion geladen hatte, zu einer bürokratischen Aufzählung von Arbeitsvorhaben, wie sie bereits aus dem Koalitionsvertrag bekannt waren.

Gleich den ersten Punkt hatte die Union mit Geschick für sich reklamiert: die Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent für Kulturgüter auch in Zukunft. Die Ratifizierung der beiden Unesco-Konventionen, zum einen zum Verbot des Handels mit illegalem (geraubtem) Kulturgut, zum anderen über den Schutz kultureller Vielfalt, hatte Neumann gleichfalls angekündigt; die Stärkung des deutschen Films ohnehin, wobei Griefahn allerdings ebenso vage blieb wie der BKM. Der Abriss des Palastes der Republik, über den der neue Bundestag am kommenden Freitag nun noch- und letztmals beschließen will, gibt gleichfalls keine Konfliktlinie her, hatte die SPD im Sommer 2002 doch mit übergroßer Mehrheit für das geplante Humboldtforum gestimmt. Und für die Verankerung der Kultur als Staatsziel in Artikel 20 des Grundgesetzes – kein Gegenstand des Koalitionsvertrages, weil allein Sache des Parlamentes – hatte sich bereits in der vergangenen Legislaturperiode ein überfraktioneller Konsens abgezeichnet.

So schälen sich lediglich drei Punkte heraus, in denen wenigstens leichte Meinungsverschiedenheiten aufblitzen könnten. Das ist zum einen der Bereich der Föderalismusreform, bei der die SPD weniger Rücksicht auf Länderegoismen nehmen will, als dies die Union wohl zu tun gezwungen ist. Damit zusammen hängt zum zweiten die geplante Fusion der Kulturstiftungen des Bundes und der Länder. Hier klaffen die jeweiligen Finanzen so sehr zugunsten des Bundes auseinander, dass sich die SPD nur unter der Bedingung einer angemessenen Widerspiegelung in der Konstruktion der gemeinsamen Stiftung einer Fusion zustimmen will. Dritter und womöglich strittigster Bereich ist die Weiterentwicklung des Gedenkstättenkonzepts. Monika Griefahn betonte mehrfach, dass das vom Bund der Vertriebenen geforderte „Zentrum gegen Vertreibungen“ in Berlin „mit der SPD nicht zu machen“ sei. Als „sichtbares Zeichen“ – wie im Koalitionsvertrag wolkig formuliert – läuft es wohl auf das vielfach diskutierte europäische Netzwerk hinaus: „Ich sehe da kein Haus“. Neumann hatte, taktisch geschickt, die derzeitige Ausstellung über die Vertreibung im Bonner „Haus der Geschichte“ ins Spiel gebracht, die im Laufe diesen Jahres in Berlin gastieren soll.

Dazu passt dann die kulturpolitische Nachricht des gestrigen Tages: dass der Leiter des Bonner Museums, Hermann Schäfer, neuer Amtschef beim BKM werden und den lang gedienten Knut Nevermann ablösen soll. Eine Bestätigung dafür war weder in Bonn noch in Berlin zu erhalten. „Das entscheidet das Kabinett“, hieß es nichts- oder auch vielsagend. Es gibt eben keine bessere Bestätigung als ein gewundenes Dementi.

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