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Kultur: Hände hoch

Antú Romero Nunes zeigt „’N Haufen Kohle“ am Gorki.

Die Verbrecherromanze steht hoch im Kurs am Maxim Gorki Theater: Nach Jan Bosses luftigem Abend über die „Gladow-Bande“ zieht jetzt Antú Romero Nunes mit einer lateinamerikanischen Genreversion nach, die er mit Gorki- und mexikanischen Schauspielern entwickelt und „’N Haufen Kohle“ genannt hat.

Dieser Haufen wird zu Beginn aus den Zuschauer-Portemonnaies eingesammelt. Der Regisseur selbst tritt, wie wir es von Nicolas Stemann kennen, als eine Art Conferencier auf die Bühne – allerdings weniger ironisch. Stattdessen animiert Nunes das Publikum, Geld für ein vermeintliches mexikanisches Waisenkind zu spenden, was fast tausend Euro einbringt. Ein noch größerer „Haufen Kohle“ wäre vermutlich zusammengekommen, wenn Nunes der fatalen Versuchung widerstanden hätte, gleichzeitig verbal zu erklären, was er inszenatorisch tut. In seinen ersten Arbeiten war der mehrfache „Nachwuchsregisseur des Jahres“ mit der gewitzten Methode aufgefallen, Texte nicht einfach zu illustrieren, sondern ihre Behauptungen tatsächlich in sinnige performative Aktionen und somit direkt in den Erfahrungsbereich der Zuschauer zu übertragen. Jüngst hat dieses Verfahren viel von seinem Charme verloren, weil es gern unmissverständlich angekündigt wird. Zudem ist der Beigeschmack eines gewissen Branchen-Narzissmus unvermeidlich.

Allerdings hatte Nunes für dieses zwischen Berlin und Mexiko City pendelnde work in progress kaum vier Wochen Probenzeit. Kein Wunder also, dass der Achtzigminüter wie mit extrem heißer Nadel gestrickt wirkt. Zur Geldverbrennung à la Schlingensief kommt es jedenfalls nicht – auch wenn der Abend von einem Roman namens „Brennender Zaster“ inspiriert scheint. In Ricardo Piglias Text rauben vier Verbrecher einen Geldtransport aus und schrecken dabei nicht vor der Erschießung von Passanten zurück. Nunes schrumpft fast das komplette Personal – am deutlichsten den Comisario (Aldo Axel García) – auf Karikaturformat zusammen, gönnt einem Kriminellen eine Geliebte (Aenne Schwarz) und einem zweiten eine Art Gehirninhaltsoffenlegung. Dass all das deutlich hinter dem Spektakularitätsgrad zurückbleibt, den sich die „Luchadores“ Tinieblas Jr. und Marabunta Jr. in den Verbrecher-Hauptrollen erkämpfen, scheint durchaus intendiert: Die Kampfsportler mit den Masken sind in Mexiko offenbar so berühmt wie hier Schweinsteiger und Co. und dürfen final den Regisseur schlagen. Es tue aber, sagt der, nicht weh. Christine Wahl

Wieder Montag, 19.30 Uhr

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