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Kultur: Hände weg von meinen Fischen!

Panorama (2): „Mi piace lavorare“ von Francesca Comencini

Der Titel allein ist eine Kampfansage: „Mi piace lavorare – Ich arbeite gern“, sagt die Angestellte Anna (Nicoletta Braschi) von sich selbst. Und das, obwohl sie immer in Eile ist, schnell noch einkaufen, abends nach der Arbeit, und dann die Tochter zur Ballettstunde bringen. Arbeit ist Belastung, erst recht für eine allein erziehende Mutter. Aber eben auch Lebenssinn, soziales Gefüge, Abwechslung und Unterhaltung.

Das Problem kennt jeder Arbeitslose: Schlimmer als Arbeiten ist – nicht arbeiten. Sich überflüssig fühlen. Das Selbstvertrauen verlieren. Dieses lähmende Gefühl, für nichts mehr Energie zu haben, keine Kraft, keine Lust. Irgendwann diagnostiziert der Arzt Stresssymptome – obwohl es doch eigentlich nichts gibt, was stressen kann.

Zugegeben, Annas Job ist nicht gerade aufregend: Sie ist Sekretärin, muss über die Lagerbestände ihrer Firma Buch führen. Aber immerhin sind da die Kollegen, mit denen man mittags essen geht. Da ist der eigene Schreibtisch, liebevoll ausgestattet mit einer Kollektion von Plüschfischen. Und da ist der Lagerarbeiter, der immer häufiger kommt, um Bericht zu erstatten, so häufig, dass es schon auffällt unter den Kollegen. Nicht weltbewegend, all das. Aber eine eigene kleine Welt, um derentwillen es lohnt zu sagen: „Ich arbeite gern.“

Als diese Welt dann bröckelt, nimmt es Anna erst einmal nicht wahr. Die Firma ist übernommen worden von einem multinationalen Konzern. Dass der neue Chef Anna nicht grüßt – ein Zufall. Dass sie am Mittagstisch plötzlich allein sitzt – Anna bemerkt es nicht einmal. Doch dann geht ihr Computer kaputt, ihr Arbeitsplatz wird verlegt, sie soll neue Aufgaben übernehmen, wird nicht mehr zu Meetings eingeladen. Tausend kleine Demütigungen, wie Nadelstiche. Am Ende sitzt sie einsam neben dem Kopierer, den sie sinnloserweise bewachen soll.

Das hässliche Wort für den hässlichen Vorgang fällt erst spät. Da ist Anna schon krank geworden, fühlt sich verfolgt, verliert die Kontrolle über ihr Leben. Und hat doch noch den Mut, sich an den Betriebsrat zu wenden. Mobbing ist das Thema, über das die italienische Regisseurin Francesca Comencini einen kleinen, bösen Film gedreht hat. Darüber, wie ein Mensch systematisch kaputt gemacht wird, und alle Kollegen machen mit. Am Ende hat Anna den Prozess gewonnen, hat genug Geld ausgezahlt bekommen, um mit ihrer Tochter in Urlaub zu fahren. Doch der Zweifel bleibt: Kann man das wirklich einen Sieg nennen? til

Heute 14.30 Uhr (International)

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