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Kultur: Hamburgs Schauspielhaus: Das Leben geht weiter

In Hamburg wütet ein Theaterkrieg: einerseits ratlose Zuschauer, erboste Kritiker - andererseits ein irritierend selbstgerechter Intendant. "Fühlen Sie sich als Opfer, oder liegt es an der Qualität der Kunst?

In Hamburg wütet ein Theaterkrieg: einerseits ratlose Zuschauer, erboste Kritiker - andererseits ein irritierend selbstgerechter Intendant. "Fühlen Sie sich als Opfer, oder liegt es an der Qualität der Kunst?" fragt Moderator Wolfgang Höbel ("Der Spiegel") den Hamburger Intendanten Tom Stromberg. Und der, obwohl er zu dieser Diskussion im Schauspielhaus geladen hatte, lässt vor allem eins erkennen: Durchhaltewillen und Arroganz. Tua res agitur - deine Sache wird verhandelt, das sei das Wichtige für die Zuschauer, meint Dramaturg und Autor John von Düffel von der Thalia-Konkurrenz, die mit einem klug austarierten Spielplan das als konservativ verschrieene Thalia-Publikum jung durchmischt hat. Am Schauspielhaus dagegen wurde mit viel Getöse eine junge Mannschaft vorgestellt, versuchte man die jungen Leute über kleine Neben-und Außenräume bis vor die große Bühne zu locken. Die neue Stromberg-Linie fürs Schauspielhaus: "statt Ort der Repräsentation ein Ort der Arbeit". Sehr merkwürdig - wann wäre hier nicht gearbeitet worden?

In der ersten von zwei Diskussionsrunden, in der ein Intendant, ein Kritiker, ein Festivalmacher und ein Dramaturg über Restauration im Theater diskutierten, erkannte Franz Wille ("Theater heute") klar die drei Auslöser der angeblichen Theaterkrise: die Auswahl des diesjährigen Theatertreffens mit Luc Bondy und Peter Zadek, der dramatische Zuschauerschwund im Theater Basel und die Krise am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Und fragte gleich selbst: Was ist die richtige Politik für ein Theater am Ort wie in Basel - enges Profil oder Pluralismus?

Überhaupt waren die Fragen das Interessanteste: Sind Zadek und Bondy restaurativ? Ist die von TAT-Dramaturg Bernd Stegemann wieder ins Leben gerufene Experimenta in Frankfurt mit Regisseuren von Stefan Bachmann bis Stefan Pucher ein Gegen-Theatertreffen der Entrechteten und Beleidigten? Kampfansage oder Klassentreffen? Oder ein Markt der Verwöhnten, die sich einfach selbst auswählen, wenn die Jury des Theatertreffens sie übergeht?

Am Berliner Theatertreffen jedenfalls rieben sich alle, und das zeigt aufs Schönste: Diese Auswahl bewegt etwas, zwischen den Generationen, zwischen den Positionen. Wirklichkeit auf der Bühne oder Kunstübersetzung? Dilettantismuskonzept, Soap und Video oder erkennbare Klassiker? Alle Fragen offen. Ein Glück für das Theater. Tom Stromberg jedenfalls hat neuerdings einen Chefdramaturgen engagiert, Michael Ebert, einst Deutsches Theater Berlin, zur Zeit noch Düsseldorf. Er soll vermitteln, zwischen den Dramaturgen, zwischen Intendanten und Dramaturgen. Und vielleicht ja auch zwischen dem Hamburger Publikum und seinem Schauspielhaus.

Ulrike Kahle

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