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Kultur: Harmonieversuch

Lange waren die Türen fest verschlossen, hinter denen die Bundesjustizministerin mit Medienunternehmen über die Urheberrechtsnovelle sprach. Jetzt haben sie sich geöffnet, und eine geläuterte Herta Däubler-Gmelin tritt hervor.

Lange waren die Türen fest verschlossen, hinter denen die Bundesjustizministerin mit Medienunternehmen über die Urheberrechtsnovelle sprach. Jetzt haben sie sich geöffnet, und eine geläuterte Herta Däubler-Gmelin tritt hervor. Die eiserne Entschlossenheit, mit der Novelle die Position der freien Kreativen (Übersetzer, Fotografen, Journalisten, Autoren, Komponisten) zu stärken, ohne sich vom massiven Widerstand der Verwerter beeindrucken zu lassen, ist konzilianten Tönen gewichen. Jetzt bezeichnet Herta Däubler-Gmelin im Interview mit der Branchenzeitschrift "Blickpunkt: Film" (vom 19. November) die Arbeit der Filmlobbyisten als einen "fruchtbaren Dialog", und im Gespräch mit dem "Börsenblatt" der Verleger (vom 20. November) beteuert sie, "wie wichtig gerade mir der Börsenverein als Gesprächspartner ist". Die Unbeugsame ist auf Schmusekurs, um den Unternehmen eine novellierte Novelle schmackhaft zu machen. Allzu schwer dürfte es ihr nicht fallen. Die Änderungen lassen den angekündigten "großen Wurf" zu einer - wenn auch nicht unwichtigen - Reform schrumpfen.

Dass die Novelle in der ursprünglichen Form nicht vom Bundestag beschlossen werden würde, war Beobachtern bald klar. Einige SPD-Ministerpräsidenten, allen voran Nordrhein-Westfalens Wolfgang Clement, meldeten Bedenken an. Die Buch-, Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, die Vertreter von Film, Funk und Fernsehen verschliefen zwar die erste Lesung des Gesetzes im Mai, protestierten dann aber bemerkenswert einig und scharf. Sie ließen gar in einer Anzeige eine freie Grafikerin um ihre Zukunft bangen, und bei der Bundestagsanhörung im Oktober verglich eine Verlegerin ihre Lage angesichts der Novelle mit der unter Stalin. Immerhin ließ soviel Dramatik den an die Wand gemalten Untergang des Abendlandes als gar nicht mehr so furchtbar erscheinen.

Das Justizministerium setzte der Kritik wenig entgegen. Mit den Änderungen, die die Ministerin nun der bisher wenig geneigten Fachöffentlichkeit bekannt gibt, können die Medienunternehmen durchaus zufrieden sein: Bereits geschlossene Verträge sind bei neuen Nutzungen nicht mehr auf "angemessene Honorierung" überprüfbar, neue sollen nur drei Jahre lang korrigierbar sein. Die Kündigungsmöglichkeit nach 30 Jahren entfällt. Neue Auskunftsansprüche erhalten die Urheber nicht, was den Verwertern die Archivierung von Unterlagen erspart.

Die gegenwärtige Rechtsposition des einzelnen Urhebers bleibt also im Prinzip unverändert. Hoffen darf er oder sie auf einen verbesserten "Bestsellerparagrafen" und auf die einem Tarifvertrag ähnelnden Vergütungsregeln. Deren Honorarsätze werden in jeder Branche gemeinsam von Urhebern und Verwertern ausgehandelt, sie gelten als "angemessene Vergütung". Herta Däubler-Gmelin hält also an ihrem zentralen Instrument fest, möchte jedoch zugleich im Gesetz die "redliche Branchenübung" für "angemessen" erklären. Ob es sich bei dieser Verbeugung vor der geltenden Praxis um Sprachkosmetik oder einen Hemmschuh handelt, wird sich zeigen. Denn dass nicht nur die Übersetzer, die die Ministerin erwähnt, unter unredlichem Geschäftsgebaren leiden können, war ihr ja einst Anlass für ein Gesetz, das die gesamte Medienwirtschaft betrifft.

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