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Kultur: Hauptsache Beton

ARCHITEKTUR

Der Siegeszug der Moderne überstrahlt alle Gegenströmungen des 20. Jahrhunderts. Anders in Frankreich. Als Hauptvertreter einer nicht der internationalen Moderne zugehörigen Architektur gilt Auguste Perret (1874 – 1954), der sich mit dem Wiederaufbau von Le Havre nach 1945 am nachdrücklichsten eingeprägt hat. Seine wegweisenden Bauten entstanden weit früher. Mit dem Théâtre des Champs-Elysées von 1913 leitet Perret eine eigentümliche, „konservative Moderne“ in der französischen Architektur ein. Dem Baumeister hat Christian Freigang eine Monografie gewidmet, die über die üblichen Architekturdarstellungen weit hinausgreift: „Auguste Perret, die Architekturdebatte und die ,Konservative Revolution’ in Frankreich 1900 – 1930“ (Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2003, 381 S., 204 Abb., geb. 78 €). Freigang bezieht die gesamte französische Auseinandersetzung um die Moderne ein. Erst dadurch tritt die Bedeutung des Pariser Theaterbaus von 1913 hervor.

Wenngleich er dem Jugendstil ein Ende setzt, wurde er doch zugleich als Auftakt einer „Konservativen Revolution“ verstanden, die die Erneuerung der französischen Gesellschaft aus dem Geist der Tradition heraus erstrebte. Und doch war Auguste Perret zugleich ein Hauptvertreter des „modernen“ Materials Beton, in dem er 1922/23 auch die Kirche im Pariser Vorort Le Raincy schuf, gefeiert als „Sainte Chapelle in Eisenbeton“ und Manifest der „katholischen Erneuerung“. Schade, dass Freigangs Buch damit schließt – hierzulande fehlt eine Gesamtdarstellung, die Perrets eigentümlich kühles Spätwerk einbezieht.

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