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Kultur: Hauptsache, es tut weh!

Paddy Considines Debüt „Tyrannosaur“

Dieses Debüt ist eines, wie es im Drehbuche steht: Es will alles und zwar sofort. Es nimmt seine Zuschauer fest an die Hand und führt sie mit eisernem Griff ans selbst gewählte Ziel. Dass die Sache mitunter wehtut? Natürlich Absicht.

In dem aus einem Kurzfilm weiterentwickelten Erstling des britischen Schauspielers Paddy Considine sind es vor allem die Situationen, die wehtun sollen. Das schlimme Leben, das Joseph (Peter Mullan) führt. Und das schlimmere, das Hannah (Olivia Colman) aushalten muss. Irgendwann aber schmerzen vor allem die Ausrufezeichen, mit denen das alles erzählt ist. Und es ist dann das unvermutet Leise, das besonders überzeugt.

Der Witwer Joseph, der ein enges Häuschen in einem heruntergekommenen Viertel von Leeds bewohnt, ist fertig mit dem Leben: Er säuft, prügelt sich gern, wirft Fensterscheiben ein, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Und dann tritt er in einem seiner Wutanfälle sogar noch seinen geliebten Hund zu Tode.

Da kommt die barmherzige Samariterin Hannah gerade recht: Sie arbeitet in einem Secondhandladen, dessen Erlös an christlich-wohltätige Zwecke geht – und bietet dem gehetzten Joseph Ruhe und Trost. Seinen Zynismus weicht sie mit Gebeten auf, und eine Art Nähe entsteht. Sie mag in einem feineren Viertel wohnen, aber lebt sie deshalb gleich im Paradies statt im irdischen Jammertal?

Peter Mullan und Olivia Colman geben alles als gepeinigte, eigentlich zutiefst gute Menschen in diesem Dauerdrama, das der Verleih als „Liebesgeschichte“ anpreist. Durch welche Seelenhölle Hannah geht, zeigt erst das umwerfend perfide Spiel Eddie Marsans als ihr Ehemann: Der Schauspieler, in Mike Leighs „Happy-Go-Lucky“ noch ein hinreißend verklemmter Fahrlehrer, spielt hier – sehr leise – in einer Nebenrolle das eigentliche Monster: schwach, heuchlerisch, gewalttätig, unendlich böse.

Der Regisseur und die Hauptdarsteller haben Preise bekommen auf dem Festival von Sundance, und auch anderswo wird „Tyrannosaur“ als großer britischer Independent-Film gefeiert. Mit Ausrufezeichen. Tatsächlich ist da viel Kraft. Wie schön, wenn man sie – in einem zweiten Film zum Beispiel – nicht mehr beweisen muss. Jan Schulz-Ojala

Kulturbrauerei, Moviemento; OmU im

Babylon Kreuzberg und Central

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