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Kultur: Hauptstadtkulturförderung: Auf dem Weg zur Metropole - Hearing im Bundeskulturausschuss

Mit dem Charme einer leicht überforderten Schulmeisterin leitet Monika Griefahn die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien. Gerade hat sie den Vorsitz von Elke Leonhard geerbt.

Mit dem Charme einer leicht überforderten Schulmeisterin leitet Monika Griefahn die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien. Gerade hat sie den Vorsitz von Elke Leonhard geerbt. So ist sie tatsächlich nicht verantwortlich für die buntscheckige Liste von Experten, die zur Anhörung eingeladen wurden und für die mäandernden Frageströme ihrer Abgeordnetenkollegen. Mit straffer Hand versucht sie, Struktur und Übersicht in das öffentliche Verfahren zu bringen. Vergebens, denn die Abgeordneten wissen nicht recht, was sie die von den Parteien ausgewählten Sachverständigen fragen sollen, die ihnen brav gegenübersitzen: Andreas Rocholl, künstlerischer Leiter der Zeitgenössischen Oper; Hans Joachim Meyer, Kunstminister in Sachsen; Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Kulturdezernent der Stadt Düsseldorf; Thomas Flierl, Stadtrat in Berlin-Mitte; Klaus Biesenbach von den Berliner Kunst-Werken; Klaus Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz; Dieter Sauberzweig, Kurator des Hauptstadtkulturfonds und Caroline Fetscher vom Tagesspiegel.

Niemand ist überrascht, als der sächsische Staatsminister Meyer höhere Länderzahlungen an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz kategorisch ausschließt. Dass Berlin bei der Erhaltung des kulturellen Erbes finanziell überfordert ist, weiß auch der Minister, doch sorgt er sich, dass Berlin auf Kosten der anderen Länder sparen könnte, wenn der Bund Kosten übernimmt. Klaus-Dieter Lehmann hatte zuvor bereits darauf hingewiesen, dass sich Berlin auf dem Weg zu einer "wahren" Metropole befinde, die sich im 21. Jahrhundert nun einmal in erster Linie über die Kultur definiere.

Rheinisch gelassen plädierte der Düsseldorfer Kulturdezernent Grosse-Brockhoff für eine stolze Bürgergesellschaft, die ihre eigenen Institutionen unterstützt. In NRW verhindern Eifersüchteleien zwischen den Städten, zwischen Städten und der Landesregierung viele sinnvolle Projekte, und auch im Verhältnis der Länder zur Hauptstadt Berlin kann Grosse-Brockhoff Neid und Missgunst entdecken. Ähnlich argumentiert auch der Kurator des Hauptstadtkulturfonds, Dieter Sauberzweig, der weniger bei den Ländern als vielmehr bei den Städten und Gemeinden Angst vor steigender Bundesförderung für die Hauptstadtkultur sieht: "Warum kriegen die mehr als wir?" Gerade in dieser föderalen Verfassung sieht hingegen Klaus Biesenbach von den Berliner Kunst-Werken den Grund für eine starke finanzielle Förderung Berlins. Wäre Deutschland ähnlich zentralistisch organisiert wie Frankreich oder Großbritannien, würde sich in Berlin auch mehr Wirtschaftskraft konzentrieren, wodurch wiederum mehr Geld für die junge Hauptstadtkunst abfiele. Während die übrigen Sachverständigen ihre Kurzplädoyers ansatzweise für eine Darstellung der Gesamtsituation nutzten, verschenkte der Künstlerische Leiter der Zeitgenössischen Oper Berlin, Andreas Rochholl, die Chance, Perspektiven für den Berliner Opernbetrieb aufzuzeigen. Es wurde lediglich animiert gekichert, als er ein viertes Haus ausschließlich für Nachkriegsopern forderte.

In diesem Austausch altbekannter Argumente fiel einzig Tagesspiegel-Redakteurin Caroline Fetscher aus dem Rahmen mit ihrer Mahnung, eine Metropole definiere sich in ihrem Verhältnis zur Peripherie. Das Motto der kulturellen Anstrengungen Berlins müsse lauten: "In unserer Mitte ist Platz für andere". Inmitten wachsender Fremdenfeindlichkeit müsse die Hauptstadt sich als Vermittler profilieren, etwa durch Förderung deutsch-türkischer oder englischsprachiger Institutionen. Die Verblüffung vieler Abgeordneter über die Schilderung fremdenfeindlicher Übergriffe in Berlin und Brandenburg zeigte allerdings, wie wenig dieses Problem von unseren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen wird.

Nach einer Sitzungsunterbrechung war auch Staatsminister Naumann anwesend und vernuschelte beinahe die einzige Neuigkeit, nämlich dass die Berliner Festspiele in der Freien Volksbühne ihr Festspielhaus erhalten sollen (siehe Tagesspiegel vom 5. Juni). Auch hier fragte niemand nach.

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