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Kultur: Havanna- Bamako- Connection

Das kubanisch-malische Bandprojekt Afro-Cubism

Gute Ideen brauchen manchmal etwas länger. „Mit Afro-Cubism verwirklichen wir endlich das Vorhaben, das dem Buena Vista Social Club zugrunde lag“, sagt Nick Gold, Chef des britischen Labels World Circuit. Gemeinsam mit dem US-Gitarristen Ry Cooder wollte Gold 1996 Musiker aus Mali mit dem kubanischen Sänger und Gitarristen Eliades Ochoa für Aufnahmen nach Havanna bringen. Doch die Visa blieben unterwegs hängen und so mussten Bassekou Kouyaté mit seiner archaischen Ngoni-Laute und der E-Gitarrist der legendären Super Rail Band, Djelimady Tounkara, zu Hause bleiben. In der Not suchte man in Havanna nach kubanischen Musikern. Das Happy End wurde als „Buena Vista Social Club“ bekannt: millionenfach verkaufte Alben und ein Grammy. Der gleichnamige Film von Wim Wenders gewann den Europäischen Filmpreis und erhielt eine Oscar-Nominierung.

14 Jahre später sind nun die ursprünglich eingeladenen Musiker mit von der Partie. Am heutigen Sonntagabend geben sie ihr einziges Deutschland-Konzert im Haus der Kulturen der Welt. Dabei bildet der 63-jährige Eliades Ochoa mit seinem Septett die Kuba-Fraktion, den Afro-Part übernehmen sechs Musiker aus Mali. Darunter Sänger Kasse Mady Diabaté mit seinem engelsgleichen Tenor, Lassana Diabaté am afrikanischen Xylophon, Grammy-Preisträger Toumani Diabaté mit einer 21-saitigen Kürbisharfe.

Vor zwei Jahren traf sich die Formation erstmals in Madrid. „Das Experiment funktionierte“, sagt Nick Gold. Und das, obwohl die ad hoc aufgestellte Band noch nie zusammen gespielt hatte. „In Afrika gibt es Melodien und Rhythmen, die sich auch im Son cubano wiederfinden“, erklärt Eliades Ochoa, der selber erstaunt ist, wie nahtlos kubanische und malische Musikidiome ineinandergreifen. In nur fünf Tagen wurden die 14 Songs für das Album „Afro-Cubism“ live eingespielt.

Ganz neu ist eine solche Begegnung allerdings nicht. Versklavte Mandingas hatten ihre Perkussionsinstrumente und Rhythmen einst nach Kuba gebracht. Und in den sechziger Jahren ließ Fidel Castro auch den musikalischen Austausch mit den sozialistischen Regierungen in Mali und Guinea fördern. Mehrmals spielten kubanische Orchester in Dakar und Bamako, der Einfluss kubanischer Tanzmusik reichte bis nach Zentralafrika. Djelimady Tounkara: „Für mich ist Afro-Cubism ein Rendezvous mit jenen Boleros und Cha-Cha-Chas, die ich schon als Junge auf meiner Gitarre spielte.“

Auf der Bühne klingt die 13-köpfige Band wie aus einem Guss. Sänger Kasse Mady Diabaté überführt im Duett mit Ochoa schwermütige Balladen aus Kuba in einen luftigen Blues an die Ufer des Nigers, kubanische Wolkenkratzer-Trompeten treffen wie selbstverständlich auf Tounkaras klirrende E-Gitarre. Die Kubaner sorgen für Schwung, die Malier für Speed. Bassekou Kouyaté zeigt auf der elektrifizierten Ngnoi deren Verwandtschaft zu Banjo und kubanischer Laute, während Kontrabass, Congas sowie Baba Sissoko auf der Tamani-Trommel einen erdigen Groove ausrollen.

Eliades Ochoa wirkt mit seinem schwarzen Cowboyhut und der sonoren Patriarchenstimme wie ein Johnny Cash aus Santiago de Cuba. Als Zeremonienmeister der neuen Afro-Cuban-Connection dekonstruiert er Evergreens wie „Guantanamera“ und lässt das Altherrenklischee des Buena Vista Social Club verblassen. Malische Eleganz, kubanischer Country und ausufernde Jam-Sessions – ein frischer Wind weht über den Atlantik. Roman Rhode

Afro-Cubism geben ihr einziges Deutschlandkonzert am heutigen Sonntag, 20 Uhr, im Haus der Kulturen der Welt.

Roman Rhode

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