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Kultur: Heavy Rider

Rock’n’Roll mit Kamera: Dennis Hopper wird 70

Große Schurken haben große Probleme und einfache Namen. Oft heißen sie Frank. Und das ist schon eins ihrer Probleme. „Was sollen wir mit dem Jungen machen, Frank?“, wird ein besonders kaltblütiger Killer in „Spiel mir das Lied vom Tod“ gefragt, nachdem er und seine Gangster eine Familie ausgelöscht haben. Nur ein Junge, der im Haus war, ist noch übrig. „Du sollst nicht meinen Namen nennen“, antwortet Frank und legt das Kind um. Für die Kinozuschauer war es ein Schock zu erkennen, dass dieser „Fränk“ von Henry Fonda, dem amerikanischen Gutmenschen schlechthin, verkörpert wurde. Einen Schock ganz anderer Art vermittelte Frank Booth in David Lynchs „Blue Velvet“. Der sadistisch-neurotische Bandenchef in Gestalt von Dennis Hopper, der seinen Entführungsopfern die Ohren abschneidet und zur sexuellen Erregung Gas inhaliert, war der blanke Horror. In diesem Finsterling war nichts mehr von dem menschlichen Rest lebendig, mit dem ein Bösewicht ringt. Dieser Frank hatte sich nicht aufgeben müssen, es gab ihn nur als das gierige Scheusal, das sein Vergnügen im Leid der anderen sucht.

Dennis Hopper, der heute 70 wird, hat lange gebraucht, um die in ihm grollenden Destruktivkräfte auf seine Rollen umzulenken. Zunächst schien es, als würde er sie vor allem an sich selbst ausprobieren. Dabei stand der gebürtige Farmerssohn aus Dodge City, Kansas, zu Beginn seiner Karriere unter dem Einfluss von James Dean, an dessen Seite er in „... denn sie wissen nicht, was sie tun“ und „Giganten“ agierte. Doch Deans Unfalltod warf den Nachwuchsschauspieler aus der Bahn. Er erwarb sich nach offenen Streitigkeiten mit Regisseuren den Ruf, unkontrollierbar zu sein. Erst 1969, nachdem er sich in New York als begabter Fotograf verdingt hatte, gelang ihm die Rückkehr. 50 Millionen Dollar spielte sein Roadmovie „Easy Rider“ ein, das er mit Kollege Peter Fonda für 400 000 Dollar realisiert hatte. Doch zerbröselte ihm der Erfolg abermals in den Händen. Erst setzte er seine Reputation mit dem desaströsen Regie-Abenteuer „The Last Movie“ aufs Spiel, dann verfiel er dem Alkohol und spritzte sich Heroin.

Seine Säufer-Rolle in „Rumble Fish“ und die Ripley-Figur im „Amerikanischen Freund“ werfen ein Licht auf die verletzliche Seite dieses Mannes, der in den Achtzigern ein Comeback erlebte. In Blockbustern wie „Waterworld“ und „Speed“ gab er dem Schurkischen die teuflische Freude am Spiel zurück, mit der ein Rebell sich in die Unmöglichkeit seiner Existenz fügt. Wobei er, als er auf die Rolle des Psychopathen festgelegt zu werden drohte, sie ins Chargenhafte zu treiben begann. Trotzdem verwandelt der passionierte Maler und Kunstsammler sogar schauderhafte Filme in ein Ereignis. Das Böse lebt. Es atmet schneller.

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