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Die St.-Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz.

©  Imago

Hedwigs-Kathedrale: Dom gelaufen

Um die Hedwigs-Kathedrale gibt es Streit: Soll das Loch in der Mitte des Raumes verschwinden oder nicht? Eine Jury hat jetzt den Siegerentwurf eines Wettbewerbs gekürt. Am Dienstag wird er vorgestellt.

Im Berliner Erzbistum erregt ein Loch die Gemüter. Es geht um die zentrale Öffnung im Fußboden in der Mitte der St. Hedwigs-Kathedrale. Die einen empfinden die ungewöhnliche Aussparung vor der Altarinsel als Mangel und Zumutung. Für die anderen ist das Loch schützenswerter Ausdruck eines bewussten Gestaltungswillens und einer bestimmten Zeit. Zuspruch für die eine oder für die andere Seite gibt es unter Architekten genauso wie unter Denkmalschützern und Gemeindemitgliedern.

Die letzte Sanierung des Gebäudes liegt 35 Jahre zurück. Die Elektrik ist marode, in der Unterkirche sind die Wände feucht. Das Bistum unter Vorsitz von Kardinal Rainer Maria Woelki schrieb einen internationalen Architekturwettbewerb aus, um das Innere und womöglich auch die gesamte Außenanlage mit dem benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Haus insgesamt neu zu gestalten. Für den Wettbewerb wurden im Haushaltsplan des Bistums 800 000 Euro eingestellt, die ersten drei Siegerentwürfe erhalten zusammen ein Preisgeld von 270 500 Euro. Am heutigen Dienstag wird der Siegerentwurf vorgestellt.

Das Sakralgebäude in Nähe der Staatsoper war im 18. Jahrhundert von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff errichtet worden. Friedrich II. hatte sich gewünscht, dass der Bau ans römische Pantheon erinnert. Seitdem wurde die Kirche mehrmals umgestaltet. Bei einem Luftangriff 1943 brannte das Innere fast völlig aus. Ein Treffer riss ein riesiges Loch in das Gewölbe der Krypta. Nach dem Krieg war der Architekt Hans Schwippert für den Wiederaufbau verantwortlich. Er nahm das Loch zum Anlass und verband Unter- und Oberkirche.

Schwipperts Konstruktion mit der Öffnung im Fußboden war von Anfang an umstritten. Eine „stumpfe Fortschreibung der Vergangenheit“ sei unsinnig, sagt Architekt Rudolf Lückmann, der den Wettbewerb organisiert hat. Auch Kardinal Woelki wünscht sich eine Lösung ohne den Krater: „Wenn ich am Altar die Messe zelebriere, fällt das Dialogische ins Loch.“ Die Öffnung entspreche nicht der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils in den 60er Jahren und verhindere etwa eine Prozession um die Altarinsel herum.

Dieses Argument will Kunsthistoriker Adrian von Buttlar nicht gelten lassen. „Der Priester kann auch in diesem Raum den Regeln des zweiten Vaticanums entsprechend Messe und Abendmahl zelebrieren“, schrieb er in der Berliner Zeitung und erinnerte daran, dass Schwipperts Entwurf unter Denkmalschutz steht. Architekt Rob Krier stört sich am finanziellen Aufwand, der schon allein für den Architekturwettbewerb getrieben werde. Eine „behutsame“ Wiederherstellung des Innenraums nach Knobelsdorffs Plänen wäre „ohne großen Pomp“ möglich, sagte er dem Tagesspiegel. Dafür brauche es vor allem denkmalpflegerisch geschulte Fachleute und nicht unbedingt Architekten. Die Öffnung zur Unterkirche könne man verringern, indem man die „unnötig monumentale Treppe“ umgestalte. Eine Lösung, mit der an die Kriegszerstörung und die darauf folgende Umbaugeschichte dezent erinnert werden könnte.

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