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Kultur: Heilig, heilig

Herbert Blomstedt bei den Berliner Philharmonikern

Sonnengesang im Jahr 1938. Paul Hindemith auf Reisen, künstlerisch schon heimatlos, komponiert die Tanzlegende „Nobilissima visione“, deren Hauptfigur der heilige Franziskus ist, Bühnennachfolger seines Opernhelden Mathias Grünewald. Die Ballettsuite, die er daraus gemacht hat, nimmt ihren unaufregenden tonalen Lauf, bis sie sich zur Passacaglia weitet: Der „Komponist in seiner Welt“, ganz bei sich selbst, das heißt kulinarische Kontrapunktik, Hindemith total, Faszination Handwerk. Und so schäumt und klingt es bei den Berliner Philharmonikern unter dem Altmeister Herbert Blomstedt (noch einmal heute in der Philharmonie).

Dann steht der 83-jährige BrucknerSpezialist, auswendig dirigierend, die große einstündige f-Moll-Messe durch. Von ihm geht eine Art lehrerhafte Intensität aus, die bezeugt, dass es ihm mehr um Inhalte geht als um technische Raffinesse. So um die Adagio-Linie des „Qui tollis“, den Kontrast zwischen Pilatus- Diktat und Passion Christi im Credo, darin die insistierende Wiederholung des gläubigen „Credo, credo“ über dem Fugenfluss, das lyrische „Benedictus“, den ungewöhnlich stillen, introvertierten Ausklang „Dona nobis pacem“. Die Soli des Konzertmeisters Guy Braunstein überglänzen das Orchester, das im Ganzen bessere Tage kennt als diesen. Beim Solistenquartett (mit Juliane Banse, Claudia Mahnke, Markus Butter) zeichnet sich Dominik Wortig, kurzfristig eingesprungen, in dem geheimnisvollen Tenorsolo „Et incarnatus“ aus. Simon Halseys Rundfunkchor singt Bruckner gleichsam entmaterialisiert, so dass die Klangfarbe sich der eines schönen instrumentalen Registers nähert. Sybill Mahlke

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