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Kultur: Heilt Hitler

"Heute widmen wir uns einer Randgruppe, die es in unserer Gesellschaft nicht leicht hat", verkündet die bebrillte Fernsehsprecherin im adretten Siebziger-Jahre-Outfit, um dann im gleichen einfühlsamen Ton fortzufahren: "Sie werden Faschos, Neonazis oder auch Arschgeigen genannt." Der kurze Spot "gegen rechte Gewalt", der derzeit in Berliner Kinos zu sehen ist, bedeutet ein Novum im Umgang mit Rechtsradikalismus in Deutschland: Keine tiefbesorgten Warnungen vor der rechten Gefahr, keine realistischen Gewaltszenen, sondern ein verblüffender Ulk im Stil der englischen Anarcho-Komiktruppe Monty Python.

"Heute widmen wir uns einer Randgruppe, die es in unserer Gesellschaft nicht leicht hat", verkündet die bebrillte Fernsehsprecherin im adretten Siebziger-Jahre-Outfit, um dann im gleichen einfühlsamen Ton fortzufahren: "Sie werden Faschos, Neonazis oder auch Arschgeigen genannt." Der kurze Spot "gegen rechte Gewalt", der derzeit in Berliner Kinos zu sehen ist, bedeutet ein Novum im Umgang mit Rechtsradikalismus in Deutschland: Keine tiefbesorgten Warnungen vor der rechten Gefahr, keine realistischen Gewaltszenen, sondern ein verblüffender Ulk im Stil der englischen Anarcho-Komiktruppe Monty Python.

Der Kurzfilm, ausgedacht von zwei Redakteuren der Satirezeitschrift "Titanic" und in Eigenregie produziert von einem jungen Berliner, kämpft mit den Mitteln der Satire gegen Neonazis, indem er sie gerade nicht als reale Bedrohung, sondern als Witzfiguren vorführt."Bloß kein Realismus, man muß sofort erkennen, daß alles künstlich ist", sagt einer der drei Produzenten, die aus Vorsicht lieber anonym bleiben möchten.Humor als Waffe gegen rechts bedeutet also keineswegs Verharmlosung.Die Produzenten der insgesamt drei "Filme gegen rechte Gewalt", die sie selbst finanziert und mithilfe der Yorck-Gruppe in die Kinos gebracht haben, nehmen die Bedrohung sehr ernst.

Der Kurzfilm führt den Zuschauer mit geradezu perfider Perfektion in rhetorische Fallen: "Man könnte denken, sie seien dumm, verroht, verklemmt und gemeingefährlich", heißt es über Rechtsradikale.Man wartet gespannt auf das "aber", doch: "Das ist richtig", fährt der Film fort.Eine kathartische Wirkung, die auf der Irritation des Zuschauers beruht: Erst ungläubiges, dann herzhaftes Lachen ist die Reaktion im Saal, wenn der Spot im Nachrichtenstil einige der offensichtlichsten gesellschaftlichen Unverträglichkeiten von Neonazis vorführt.So etwa, daß die wenigsten öffentlichen Gebäude über eine nazigerechte Ausstattung verfügen - die Fahrstuhltür zerschneidet einen zum Hitlergruß gereckten Arm.Als mögliche Therapie empfiehlt der Film schließlich Verständnis und soziale Projekte: So können die hochgestreckten Arme als Wäscheleinenhalter fungieren - auf den Zuruf "Heil Hitler" strafft sich die Leine.

CHRISTINA TILMANN

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