zum Hauptinhalt

Kultur: Heinrich, ick hör von dir

Am Ende wird uns Dana Horáková die Sache noch vor der Nase wegschnappen: ein Musical über Heinrich Zille, den Wanderer zwischen U und E, den Miljöh-Maler, der es zum Professor brachte, das wäre nach dem Geschmack der "Bild"-Kolumnistin und neuen Hamburger Kultursenatorin. Wer in Sachen Kunst die Methode Dana plus Sahne favorisiert, wer Populismus predigt und Fußballfans in den "Faust" locken will, sieht auch gerne die Massen ins Musical strömen.

Am Ende wird uns Dana Horáková die Sache noch vor der Nase wegschnappen: ein Musical über Heinrich Zille, den Wanderer zwischen U und E, den Miljöh-Maler, der es zum Professor brachte, das wäre nach dem Geschmack der "Bild"-Kolumnistin und neuen Hamburger Kultursenatorin. Wer in Sachen Kunst die Methode Dana plus Sahne favorisiert, wer Populismus predigt und Fußballfans in den "Faust" locken will, sieht auch gerne die Massen ins Musical strömen. Am liebsten natürlich mit Justus, dem Glanz-Frantz, im Graben, Hip-Hip-Horákovás Liebling, den sie gerne zum Schleswig-Holstein-Festival zurückholen würde. "Kommen Sie, staunen Sie: Justus Frantz dirigiert Szenen aus Zilles Leben in der Neuen Flora!", das wäre ein gutes Kulturstück! Und Berlin geht mal wieder leer aus.

Seit Menschengedenken werden in der Hauptstadt lokal verankerte Historicals gefordert, über Otto Lilienthal, "Berlin Alexanderplatz" oder eben Heinrich Zille. Peter Schwenkow avancierte mit Versprechen in dieser Richtung sogar zum Schiller-Theater-Mieter. Damals passierte nichts. Heute, wo er über das Musical-Imperium der Stella gebietet, kündigt er als Nachfolger des "Glöckners" am Potsdamer Platz "Saturday Night Fever" an. Und auch vom Schwenkow-Konkurrenten, der Stage Holding, die sich das verblichene Metropol-Theater unter den Nagel gerissen hat, sind keine Uraufführungen in Berlin zu erwarten. Die Strategie der Musicalvermarkter ist heute längst darauf ausgelegt, Stücke durch mehrere Städte wandern zu lassen, um die Produktionskosten überhaupt einspielen zu können.

Für die Kleineren kann schon ein Misserfolg das Aus bedeuten: "Space Dreams", das "Herr der Ringe"-Musical und zuletzt die "Venus" floppten in Berlin spektakulär, dem österreichischen Hasardeur Elmar Ottenthal, der mit kakanischen Volkshelden wie Falco, (Wolfgang) Amadeus (Mozart) und Schwejk glänzen wollte, entzog der Senat das Theater des Westens.

Lag es an der Qualität der Stücke? Oder doch an den Stoffen? Ein Heinrich-Zille-Musical gibt es übrigens inzwischen: Es kam jüngst in Nordhorn heraus. Bislang ist die Metropole der Grafschaft Bentheim vor allem mit ihrer Handballmannschaft hervorgetreten. Das Kreativteam des Stücks um Felix Huby ist in Berlin nicht unbekannt. Ihr Waschsalon-Musical "30 - 60 - 90 Grad" war zu seligen Helmut-Baumann-Zeiten am Theater des Westens jedoch nur ein Achtungserfolg. Ohrenzeugen allerdings bescheinigen dem neuen Berlinical durchaus Hitqualitäten. Bis in der Hauptstadt jemand schaltet, aber hat - wie gesagt - vermutlich schon Frau Horáková zugeschlagen. Schade, Zille passt gut zur neuen Berliner Regierung. Schließlich war sein Lieblingsdessert rote Grütze.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false