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Kultur: Helm ab zum Genuss

William Christie verzaubert nicht nur die Berliner Philharmoniker

Es soll doch tatsächlich Menschen gegeben haben, die dem Konzert der Berliner Philharmoniker unter William Christie aus Protest ferngeblieben sind. Französischer Barock von einem deutschen Orchester auf modernen Instrumenten gespielt – non, merci! Doch so sehr der Gedanke, dass nicht jeder Stil überall auf der Welt beliebig adaptierbar ist, seine störrische Berechtigung haben mag: Auch hartgesottenen musikalischen Globalisierungsgegnern wurde – kaum, dass sie es bemerkten – der Panzer ums kämpferische Herz gelockert. Spätestens beim ersten Einsatz des Chors der „Les Arts Florissants“ wurden wie in Trance die verbeulten Helme abgenommen und sacht unter den Sitz geschoben. Denn der lichten Eleganz Christies kann man sich einfach nicht entziehen.

Zunächst überzeugt der in Buffalo geborene Dirigent, der heute französischer Staatsbürger ist, durch ein mise en place, wie es jeden Spitzenkoch zieren würde. Um sich ganz der Zubereitung des Philharmoniker-Menüs widmen zu können, reist er mit besten Grundzutaten an: seinem Chor, seiner Cembalistin und ihm vertrauten Solisten. Rattles Musikerschar reduziert er ein, von den ersten Geigen bleiben sechs. Damit sich der edle Fond von drei Dutzend verbliebenen Philharmonikern auf dem weiten Podium nicht zu mehlschwitziger Breite verklumpt, rührt Christie permanent tanzend um, kostet hier und da, lobt den subtilen Geschmack. Er schürt eine schmeichelnde Flamme und lässt – für die musikalische Bindung wie fürs Gemüt – ab und an ein Stückchen Butter in den Topf gleiten.

Faszinierend, wie stark die Philharmoniker von dem Wissen profitieren können, das Christie sich mit seinem Ensemble „Les Arts Florissants“ im Laufe eines Vierteljahrhunderts erarbeitet hat. Sein Musizieren kennt keine rhetorische Anmaßung, keinen Materialverschleiß, keinen hohlen Pomp. Unaufdringlichkeit gilt ihm als Zeichen für die Gegenwart von Grazie, für jenes zarte Strahlen, das noch eine Ahnung vom Paradies an sich birgt. So tanzen Christie und die Philharmoniker mit den Elfen durch Auszüge aus Purcells „The Fairy Queen“ und treffen in Rameaus „Les Indes galantes“ auf überaus würdige „Wilde“. Wann durfte man den Traum von der besten aller Welten bei den Philharmonikern je schwereloser träumen?

Philharmonie, noch einmal heute, 20 Uhr .

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